„Herrgottsuche“

Am ersten Tag des neuen Jahres, in der Morgenfrühe des ersten Tags der Woche bin ich zum Grab gegangen, denn am Silvesterabend war mir nur noch gegönnt, Golgota zu besuchen. Und als ich ankomme, setzt der Priester vor dem Grab gleich mit dem Dankgebet nach der Kommunion ein, gibt den Segen und schliesst: „Gehet hin in Frieden.“ „Gehet“ klingt in mir nach und ich weiss, dass die Stunde gekommen ist, mich, mit Gottes Segen ausgerüstet, von Jerusalem zu verabschieden. Nach der Eucharistie verbringe ich einige Augenblicke im leeren Grab, still und betend. Dann setze ich mich davor hin und lese Mt 28: Das leere Grab, die Botschaft der Auferstehung und dann der Auferstandene selbst: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern!“ Taufen soll ich und lehren, Jesu Weisungen zu befolgen. Ich weiss, die Stunde ist gekommen, um zu gehen. Nicht mehr in Jerusalem gilt es den Herrn zu suchen, sondern im Mitmenschen, in meiner Alltagswelt, in meinem Galiläa. Mir schiesst die Aussage durch Herz und Kopf, das Christentum sei die Religion auf der Suche nach dem abhanden gekommenen Leib Christi. Sie habe den Auftrag, diesen Leib durch eine Gemeinschaft zu bilden, die sich nicht nach sozialen, ethnischen oder andern Kriterien bildet, sondern allein nach dem Willen Gottes. Es geht um diese Suche Tag für Tag. Beim Pilgern geht es um „Herrgottsuche“, wie die Ausstellung zu Jerusalempilger im Österreichischen Hospiz treffend titelt. Und in meinem weitern Alltag wird es darum gehen, Leib in Christus zu finden, zu bilden. Mein eigener Leib ist da ebenso im Blick wie der Leib der Gemeinschaft, für die ich verantwortlich bin. Jesus Christus soll neu auferweckt werden, nicht durch emphatische Beschwörung in Meditation und Seelsorge, sondern dadurch, dass dem Wirken des Heiligen Geistes Raum gegeben wird. Getröstet und gestärkt für das neue Jahr verlasse ich heute morgen die Auferstehungskirche.

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213. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XXI)

Wallfahren heisst für mich: Dialog mit anderen Konfessionen und Religionen

Ein wichtiges Ziel der Wallfahrt ist es, seinen eigenen Glauben zu vertiefen. Das geschieht besonders dadurch, dass ich mich auf die eigene Tradition konzentriere, auf meine Spiritualität fokussiere. Zugleich bedeutet es für so manchen, sich nicht von anderen Meinungen und Überzeugungen ablenken zu lassen, damit man nicht von aussen in seiner eigenen Frömmigkeit gestört wird.

Für mich ist wichtig, dass wir Länder durchlaufen haben, die primär von orthodoxen Kirchen geprägt sind (Serbien, Bulgarien), von Moslems (Türkei, Syrien, Jordanien, Palästina), vom Judentum (Israel). Wir haben Gläubige dieser Konfessionen und Religionen getroffen, haben an ihrem Gebet mit viel Respekt teilgenommen und waren in aller Regel von der Gastfreundlichkeit auch im Gebet beeindruckt. Wir haben ökumenische und interreligiöse Erfahrungen gemacht, wie ich sie bisher nicht kannte: Offenheit des Herzens, des Geistes. Besonders berührend war mir die Aufnahme beim orthodoxen Mönch in der Grabeskirche. Und gestern sind wir zu einem Shabbat-Essen eingeladen worden.

Für mich sind diese Begegnungen wesentlicher Bestandteil unserer Wallfahrt, denn da begegne ich konkreten Menschen und dem, was ihnen wertvoll und lieb ist. Da können dann Herzen zueinander sprechen. Dabei wächst mein Respekt und meine Liebe zu ihnen.

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Jerusalem: in diesem und im nächsten Jahr!

Die Konferenz zum Pilgern klingt nach, und ich treffe noch zahlreiche Freunde und Bekannte hier in Jerusalem. Viele von ihnen haben geholfen, dass wir in Jerusalem so gut ankommen konnten. Es braucht nicht nur die Pilger, sondern auch Menschen, die sie empfangen, wenn sie ihr Ziel erreichen! Wir sind nicht nur zu heiligen Stätten gepilgert; wir sind angekommen in eine Stadt mit ihren Bewohnern. Unsere Ankunft vor einer Woche war auf Weihnachten gesetzt. Dass die Juden zugleich Chanukka feiern und es Schabbat und Sonntag wurde, ist uns zugefallen. Wir sind in eine Festzeit hineingekommen, die bis heute andauert. Sie liess uns auch das himmlische Jerusalem erahnen. Gestern an Erev Schabbat haben wir ebenso etwas davon erleben dürfen. Es neigt sich nun das Jahr 2011, für uns geprägt vom Pilgern. In diesem Jahr haben wir Jerusalem erreicht. Im nächsten Jahr verlassen wir es und hoffen seinen Geist mit nach Hause zu nehmen. Allen ein gesegnetes neues Jahr!

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212. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XX)

Wallfahren heisst für mich: Pilgern zu einem „heiligen Ort“

Was ist ein „heiliger Ort“? Von den Juden wird Jerusalem als heiliger Ort betrachtet, denn König David hat die Bundeslade hierher bringen lassen  (vgl. 2 Sam 6,12).

Die Bundeslade ist Zeichen für die Gegenwart Gottes unter seinem Volk. Als Salomo den Tempel baut, wird diese Bundeslade in das Allerheiligste des Tempels übertragen, der damit zu einem geheiligten Ort wird. Bei der Zerstörung des Tempels und der Bundeslade weicht allerdings die Gegenwart Gottes nicht mehr von diesem Ort, so sagt es der Talmud.

Die Erfahrung des Exils lehrt das Volk Israel, dass Gott überallhin mitzieht: Er zog mit ihnen aus Ägypten durch die Wüste ins Verheissene Land, dann weiter ins Exil und wieder nach Hause. Er ist nicht an einen Berg gebunden, er wohnt nicht in einem Haus, er ist nicht „eingesperrt“ in einem Tempel, der auch zu klein ist – er ist immer bei seinem Volk, sei es die Wolke oder die Feuersäule (Ex 14,19-24), sei es unter dem Zelt: Alles sind Zeichen der mitgehenden Gegenwart Gottes.

Der Gedanke, dass Gott mit seinem Volk überallhin mitzieht, ist sehr tröstend. Jesus selbst sagt nach dem Johannesevangelium, dass Gott überall „im Geist und in der Wahrheit angebetet“ werden kann (Joh 4,21). Auch die Wallfahrt zu noch so heiligen Stätten macht den Pilger nicht automatisch heiliger, sondern nur ein tugendhaftes Leben – und das kann jede-r zu Hause üben (so der Kirchenlehrer Hieronymus).

Warum gibt es dann aber geheiligte Orte, die nicht verrückbar sind, sondern fix und unbeweglich?

Für mich lautet die Antwort: Weil dort Jesus Christus gelebt hat, gestorben und auferstanden ist. So wie die Zeit seines Lebens nicht versetzbar ist, so sind auch die Orte, an denen er gelebt hat, nicht verschiebbar, nicht austauschbar: Dass Jesus hier geboren worden ist, hier gelebt hat, gestorben ist, und – wie ich glaube – auferstanden ist: Diese Ereignisse haben hier „statt“-gefunden und nicht woanders, es lässt sich auch nicht anderswohin verschieben oder kopieren.
Beim Lesen des Evangeliums über die Emmaus-Jünger (Lk 24,13-35) kam mir der Gedanke: Zuhause überlege ich mir: Die Jünger sind nach Jerusalem – dorthin – zurückgelaufen, nachdem sie Ihn erkannt hatten. Hier – nur hier – kann ich sagen: Sie sind hierher zurückgelaufen.
Es ist ein von Gott „geheiligter“ Ort, nicht naturhaft, animistisch heilig. Zugleich ist er ganz irdisch – nicht eine geistige, göttliche Wirklichkeit, er ist und bleibt eine irdische Wirklichkeit. Im Himmel wird es keine bestimmten „geheiligten“ Orte mehr geben, denn alles ist geheiligt (Apk 21, 22-23).
Das Allerheiligste des Tempels war unantastbar. Nur der Hohepriester durfte nach entsprechender Reinigung einmal im Jahr dort eintreten und die Opferplatte mit dem Opferblut besprengen. Sonst niemand.
Christlich ist kein Ort unberührbar, kein Platz unantastbar. Alles ist antastbar, denn die ganze Schöpfung ist von Gott gemacht und von ihm gesegnet – ohne Ausnahme.
Auch Jesus lässt sich berühren (vgl. Mk 5,30-34; 1 Joh 1,1): Er berührt blinde Augen (Joh 9,5); er nimmt an der Hand, er segnet Kinder.

So können auch wir zu diesen sinnlich fassbaren Steinen und Stätten pilgern, das Leben Jesu betrachten und Ihn um seinen Segen bitten.

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211. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XIX)

Wallfahren heisst für mich: verweilen – ruhen dürfen.

Damit meine ich nicht die tägliche Ruhe beim Schlafen oder sonstigen Ausruhen. Hier meine ich das Verweilen und Ausruhen angesichts des Gekreuzigten.

Auf dem Weg hatten wir oft Zeit für Gebet, Momente, um bei Jesus auszuruhen, aber es war jeden Tag nur eine kurze Zeit. Jeden Tag galt es weiterzugehen, voranzuschreiten. Wallfahren ist da gerade nicht bleiben oder sich aufhalten, noch sich installieren oder sich einrichten, sondern es ist unterwegs sein.

Herz und Pilgerband am Fuss des Kreuzes

Jetzt am Ziel angelangt ist das anders: Jetzt ist Zeit zu verweilen, jetzt darf ich zur Ruhe kommen.
Einfach da sein dürfen unter deinem Kreuz, mich hinzusetzen oder hinzuknien, nicht bloss für einen Moment, sondern vielleicht für eine Stunde oder mehr: deine hingebende Liebe, Herr Jesus, auf mich wirken lassen. Mich ganz öffnen, dass du in mir wirken kannst, dass deine liebenden Augen mich ganz durchscheinen. Das grosse Geheimnis des Vaters erahnen, der dich, Herr Jesus, mir, uns, der ganzen Welt schenkt und dich durch jede Not hindurch rettet, an der Hand nimmt und auferweckt.

Dein Kreuz ist nicht nur das Zeichen und Werkzeug des Leidens, der Tortur, des Sterbens und des Todes – es ist das Zeichen der Hingabe, wo du Jesus den Tod besiegt hast, weil du dich von diesem Tod besiegen hast lassen. In dieser Todesverzweiflung hast du das Vertrauen, dich in die Hand Gottes, des Vaters, zu wagen. Er wird dich auferwecken – er hat dich auferweckt.

Da sitzen dürfen, da knien dürfen, da beten dürfen, wo es Platz hat, wo ich bleiben darf. Es ist wohl die einzige Kirche, wo ich eine ganze Nacht verbringen kann. Wenn ich die Erlaubnis habe – wie es Brauch ist – kann ich die ganze Nacht in dieser Kirche ganz offiziell bleiben.

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Interreligiöse Friedenskonferenz diskutiert Pilgern als Friedensbrücke

Ground-Zero-Imam fordert „Heilige Monate“ für Pilgersicherheit

Von Andrea Krogmann (KNA) 

 Jerusalem (KNA) Mit unorthodoxen Vorschlägen sorgte Imam Feisal Abdul Rauf in Jerusalem für Begeisterung und Skepsis gleichermassen. Ausgehend von alten islamischen Traditionen plädierte der für den Moscheebau am New Yorker „Ground Zero“ verantwortliche Imam für die Schaffung besonderer Zeiten, in denen durch das Einstellen jeder Gewalthandlung auch in Konfliktgebieten Gläubigen ein sicheres Pilgern ermöglicht würde. Sein Konzept der „heiligen Monate“ präsentierte Rauf am Mittwochnachmittag an einer interreligiösen Konferenz zum Thema „Pilgern für den Frieden“. Organisiert wurde die bis am Donnerstag dauernde Veranstaltung vom Lassalle-Haus Bad Schönbrunn (Zug/Schweiz) und dem Jerusalemer „Elijah Interfaith Institut“.

Rauf betonte in seinen Ausführungen die universelle Bedeutung des Pilgerns. Insbesondere Jerusalem als heilige Stadt der drei abrahamitischen Religionen sei ein wichtiges Pilgerziel. Aus diesem Grund ist es nach Ansicht des Imams unabdingbar, Gläubigen auch in Konfliktsituationen und -regionen das Pilgern zu ermöglichen. Wenn es gelinge, gewaltfreie Zeiten für Wallfahrten durchzusetzen, könne Pilgern einen Beitrag zum Frieden leisten. Der New Yorker Imam wies weiter auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Pilgerns hin: „Wenn Muslime ohne Einschränkungen nach Jerusalem pilgern könnten, brächte dies der lokalen Wirtschaft Einnahmen von mindestens fünf Milliarden Dollar“, so Rauf.

Vorbild für das Konzept dieser „heiligen Monate“ könnte nach Ansicht Raufs das islamische Verbot feindlicher Handlungen während der Zeit der Pilgerreise nach Mekka (Hadsch) sein. Rauf betonte weiter, dass das Ideal der heiligen Monate nicht die Eliminierung eines Konflikts sei, sondern dass es vor allem darum gehe, Pilgern das sichere Ankommen an ihrem Wallfahrtsziel zu ermöglichen. Die politischen Führer rief Rauf dazu auf, ihrer Rolle als Hüter der heiligen Stätten gerecht zu werden und entsprechend zu handeln.

Rauf warnte vor einer zu ängstlichen Sicht auf Reiseerleichterungen für Pilger: „Allen Menschen Zugang zu gewähren heisst nicht, dass es keine Probleme geben kann. Aber niemand käme auf die Idee, wegen Verkehrsunfällen das Auto an sich zu verbieten“ Die Erfahrung zeige, dass die an einer heiligen Stätte gelehrte Interpretation einer bestimmten Religion einen erheblichen Einfluss auf diese habe. Dies gelte auch für das, was im Heiligen Land passiere: „Das Heilige Land ist das Herz der Welt. Wenn es uns gelingt, dieses Herz zu heilen, heilen wir die Welt. Gelingt es uns nicht, gefährden wir die gesamte Welt“, so Rauf.

Zu mehr Respekt der Religionen untereinander rief der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, in seinem Beitrag auf. Interreligiöser Dialog könne nicht auf der Idee basieren, dass Religionen nur miteinander auskommen, wenn sie das gleiche glauben. Es gelte vielmehr, den anderen in seiner Vielfalt zu respektieren. Jerusalem komme als heiliger Stadt dreier Religionen eine besondere Rolle zu. Bei der Suche nach Frieden für das Heilige Land, so der Benediktiner, gelte es auch diese spirituelle Dimension Jerusalems zu beachten, ohne die es keine Lösung geben könne.

Aus jüdischer Perspektive warb der Bibelexperte Uriel Simon, emeritierter Professor der Bar-Ilan-Universität, für ein inklusives Verständnis von Religion. Eine der biblischen Grundregeln des Pilgerns sei, niemals mit leeren Händen zum Tempel zu kommen, in biblischen Zeiten habe dies die Verpflichtung zu einem Schlachtopfer beinhaltet. Auf die heutige Zeit übertragen sei ein angemessenes Opfer der Verzicht auf Besitzdenken und Exklusivitätsansprüche für die eigene Religion.

Die zweitägige Konferenz ist Teil des Begleitprogramms des Projekts „Pilgern für den Frieden“ von vier Pilgern, die von der Schweiz aus während sieben Monaten zu Fuss nach Jerusalem unterwegs waren, darunter der Schweizer Jesuit Christian Rutishauser, Direktor des Lassalle-Hauses in Bad Schönbrunn und Lehrbeauftragter für jüdische Studien am Kardinal Bea-Zentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

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Pilger im israelischen Fernsehen

Die Ankunft der Pilger wurde auch in den Israelischen Medien wahrgenommen. Verschiedene Tageszeitungen berichteten und Oded Ben Ami, einer der renommiertesten Interviewer des Israelischen Fernsehens, lies eine Live-Schaltung zu den Pilgern legen.

Hierd der Link zum Video auf youtube: Channel 2

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210. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XVIII)

Wallfahren heisst für mich: Gesehen – erkannt werden

Nachdem wir vom Kreuzesfelsen aufgestanden waren, versuchten wir dem diensttuenden Mönch neben dem Altar zu erklären, dass wir aus der Schweiz zu Fuss hierher gelaufen sind und sich im Pilgerband eine Reihe von Anliegen und Bitten befanden.

Salbung des Pilgerbandes

Der Mönch hat uns daraufhin plötzlich verstanden. Er hat das Pilgerband mit all den Anliegen und Bitten genommen und es gesalbt: Er streicht die Gnade Gottes darüber, er verkörpert die veredelnde Liebe Gottes – die Liebe Gottes, die ernst nimmt, die annimmt und schmückt, was wir darbringen.
Danach hat er uns seine Hand gereicht, mit Salböl verschmiert, damit auch wir von diesem Öl bekommen und uns damit einreiben. Die Gnade soll uns schön machen, uns gesund machen, uns wohlduftend machen. Wir sollen – wie die Öllampen – diese weiche starke duftende Liebe Gottes ausstrahlen und verströmen.

Der (griechisch-orthodoxe) Mönch fragte nicht nach unserer Konfession, er nahm einfach dieses Band salbte es, er gab uns seine Hand und salbte unsere Hände. (Das hat mich mit unserer Erfahrung im serbischen Kuvezhdin versöhnt).

Der Mönch hat uns und unsere Bitten angenommen, ich fühle mich von ihm verstanden und erkannt. In ihm kommt mir so handfest und sichtbar die Liebe Christi entgegen. Es ist überwältigend.

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Konferenz: Pilgern für Dialog und Frieden

Über den Dächern der Jerusalemer Altstadt haben wir heute den ersten Tag unserer Konferenz zum Pilgern als Beitrag für den Frieden abgehalten. Professor Uriel Simon eröffnete die Konfernz, die im Konvent Ecce Homo stadtfindet, mit einem Grundlagenreferat. Er hat anhand der Wallfahrtspsalmen und anderer Texte aus der hebräischen Bibel Motivation und Sinn des biblischen Pilgerns herausgearbeitet. Frieden ist dabei nicht ein zentrales Thema, doch die ethische bildung des Pilgers. Es geht immer wieder darum, gemeinsam vor Gott zu treten, sich da zu erfreuen und zu essen, sich beschenken zu lassen, doch nie mit leeren Händen zu kommen. Besteht die heutige Gabe des pilgernden Menschen darin, seine falschen, religiösen Absolutheitsansprüche zu opfern? Auf jeden Fall, so Simon, hätten die Muslime Mekka und die Christen Rom sowie andere Wallfahrtsorte für sich. Die Juden jedoch nicht einmal Jerusalem, denn die ist mit andern zu teilen. Immam Faisal Abdul Rauf griff in seinem Vortrag auf ein koranisches Konzept zurück, dass im Pilgermonat Ramadan sowie ein Monat davor und einer danach kein Krieg geführt werden darf. Müsste es nicht auch heute solche Friedenszone um die Pilger geben. An der Organisation von jährlich mehreren Millionen Mekka-Pilger, die Saudiarabien zu leisten hat, zeigtet er logistische Herausforderungen und wirtschaftlichen Nutzen von Grosswallfahrten auf, die auch in Jerusalem zum Tragen kommen könnten. Abtprimas Notker Wolf aus Rom strich die Freude an der Differenz heraus und präsentierte das doppelte Konzept von irdischem und himmlischen Jerusalem, das in der christlichen Tradition zentral ist. Irdische Ansprüche auf heilige Stätten werden dadurch relativiert.
Die fast 100 Konferenzteilnehmenden diskutierten im Plenum und in Kleingruppen. Auch in den Pausen lud das milde Winteretter mit herrlicher Sonne ein, auf der Terrasse zu sitzen und auszutauschen. Wie der Tag mit Tanz begann, so endete er mit einem Zikr, der islamischen Verehrung eines Namen Gottes. Allen wurde klar, das unser Pilgern nicht einfach da ist, um sich ohne Rücksicht auf Andere selbst im Glauben zu bestätigen und stärken zu lassen, sondern mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

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209. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XVII)

Wallfahren heisst für mich: Hingabe.

Jeden Tag haben wir auf dem Weg unsere Bitten, die Anliegen aus dem Pilgerband und aus dem Kalender Jesus anvertraut, ihm hingehalten, aber auch uns selbst haben wir ihm anvertraut, dazu den Verlauf des Tages, die Menschen, denen wir begegneten.

Über dem hl. Grab

Hier in Jerusalem ist es mehr: diese Anliegen, das Pilgerband ablegen unter dem Kreuz, dann auf der Grabplatte, sich hinneigen, sich ihm weihen, sich hergeben: „Vater in deine Hände empfehle ich meinen Geist.“ (Lk 23,46) Vielleicht ist das leere Grab ein Zeichen mehr dafür, dass Jesus sich selber genommen wurde und jetzt ganz beim Vater ist.

Mich hingeben, mich Gott ganz anvertrauen: Ich hoffe, dass ich dieses Hingabevertrauen in seiner Grösse und Weite – du, Gott, hast es von uns auf dem Weg herausgefordert – nie mehr verliere, nie mehr aufgebe.

Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir,
was mich hindert zu dir;

mein Herr und mein Gott,
gib alles mir,
was mich führet zu dir;

mein Herr und mein Gott,
o, nimm mich mir
und gib mich ganz zu eigen dir.“ (Niklaus von Flüe)

Du, Gott, hast uns alles gegeben, was uns zu dir führt. So gebe ich mich jetzt hin, und bitte dich: „Nimm mich mir, und gib mich ganz zu eigen dir.“

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