Interreligiöse Friedenskonferenz diskutiert Pilgern als Friedensbrücke

Ground-Zero-Imam fordert „Heilige Monate“ für Pilgersicherheit

Von Andrea Krogmann (KNA) 

 Jerusalem (KNA) Mit unorthodoxen Vorschlägen sorgte Imam Feisal Abdul Rauf in Jerusalem für Begeisterung und Skepsis gleichermassen. Ausgehend von alten islamischen Traditionen plädierte der für den Moscheebau am New Yorker „Ground Zero“ verantwortliche Imam für die Schaffung besonderer Zeiten, in denen durch das Einstellen jeder Gewalthandlung auch in Konfliktgebieten Gläubigen ein sicheres Pilgern ermöglicht würde. Sein Konzept der „heiligen Monate“ präsentierte Rauf am Mittwochnachmittag an einer interreligiösen Konferenz zum Thema „Pilgern für den Frieden“. Organisiert wurde die bis am Donnerstag dauernde Veranstaltung vom Lassalle-Haus Bad Schönbrunn (Zug/Schweiz) und dem Jerusalemer „Elijah Interfaith Institut“.

Rauf betonte in seinen Ausführungen die universelle Bedeutung des Pilgerns. Insbesondere Jerusalem als heilige Stadt der drei abrahamitischen Religionen sei ein wichtiges Pilgerziel. Aus diesem Grund ist es nach Ansicht des Imams unabdingbar, Gläubigen auch in Konfliktsituationen und -regionen das Pilgern zu ermöglichen. Wenn es gelinge, gewaltfreie Zeiten für Wallfahrten durchzusetzen, könne Pilgern einen Beitrag zum Frieden leisten. Der New Yorker Imam wies weiter auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Pilgerns hin: „Wenn Muslime ohne Einschränkungen nach Jerusalem pilgern könnten, brächte dies der lokalen Wirtschaft Einnahmen von mindestens fünf Milliarden Dollar“, so Rauf.

Vorbild für das Konzept dieser „heiligen Monate“ könnte nach Ansicht Raufs das islamische Verbot feindlicher Handlungen während der Zeit der Pilgerreise nach Mekka (Hadsch) sein. Rauf betonte weiter, dass das Ideal der heiligen Monate nicht die Eliminierung eines Konflikts sei, sondern dass es vor allem darum gehe, Pilgern das sichere Ankommen an ihrem Wallfahrtsziel zu ermöglichen. Die politischen Führer rief Rauf dazu auf, ihrer Rolle als Hüter der heiligen Stätten gerecht zu werden und entsprechend zu handeln.

Rauf warnte vor einer zu ängstlichen Sicht auf Reiseerleichterungen für Pilger: „Allen Menschen Zugang zu gewähren heisst nicht, dass es keine Probleme geben kann. Aber niemand käme auf die Idee, wegen Verkehrsunfällen das Auto an sich zu verbieten“ Die Erfahrung zeige, dass die an einer heiligen Stätte gelehrte Interpretation einer bestimmten Religion einen erheblichen Einfluss auf diese habe. Dies gelte auch für das, was im Heiligen Land passiere: „Das Heilige Land ist das Herz der Welt. Wenn es uns gelingt, dieses Herz zu heilen, heilen wir die Welt. Gelingt es uns nicht, gefährden wir die gesamte Welt“, so Rauf.

Zu mehr Respekt der Religionen untereinander rief der Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, in seinem Beitrag auf. Interreligiöser Dialog könne nicht auf der Idee basieren, dass Religionen nur miteinander auskommen, wenn sie das gleiche glauben. Es gelte vielmehr, den anderen in seiner Vielfalt zu respektieren. Jerusalem komme als heiliger Stadt dreier Religionen eine besondere Rolle zu. Bei der Suche nach Frieden für das Heilige Land, so der Benediktiner, gelte es auch diese spirituelle Dimension Jerusalems zu beachten, ohne die es keine Lösung geben könne.

Aus jüdischer Perspektive warb der Bibelexperte Uriel Simon, emeritierter Professor der Bar-Ilan-Universität, für ein inklusives Verständnis von Religion. Eine der biblischen Grundregeln des Pilgerns sei, niemals mit leeren Händen zum Tempel zu kommen, in biblischen Zeiten habe dies die Verpflichtung zu einem Schlachtopfer beinhaltet. Auf die heutige Zeit übertragen sei ein angemessenes Opfer der Verzicht auf Besitzdenken und Exklusivitätsansprüche für die eigene Religion.

Die zweitägige Konferenz ist Teil des Begleitprogramms des Projekts „Pilgern für den Frieden“ von vier Pilgern, die von der Schweiz aus während sieben Monaten zu Fuss nach Jerusalem unterwegs waren, darunter der Schweizer Jesuit Christian Rutishauser, Direktor des Lassalle-Hauses in Bad Schönbrunn und Lehrbeauftragter für jüdische Studien am Kardinal Bea-Zentrum der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

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Ein Kommentar zu Interreligiöse Friedenskonferenz diskutiert Pilgern als Friedensbrücke

  1. Erich sagt:

    Die Aufforderung des jüdischen Bibelexperten Uriel Simon, als Pilger niemals mit leeren Händen nach Jerusalem zu kommen, bedeute heute – als angemessenes Opfer – ein Verzicht auf Besitzdenken und Exklusivitätsansprüche für die eigene Religion mitzubringen, kann ich nur als grossartig bewundern.