Gast und Langzeitgast

Nun sind wir schon gute zwei Wochen in Amman. So spielt sich unser zu Hause hier zwischen dem Toledo Hotel und dem Zentrum der Jesuiten ab: Das Hotel, geschmackvoll eingerichtet und professionell geführt, ist nicht nur für Touristen da, sondern auch viele Jordanier gehen ein und aus; auch Hochzeiten, Tagungen, Arbeitssitzungen etc. werden hier abgehalten. Das Personal und die Küche ist uns inzwischen vertraut. Wir sind Langzeithotelgäste, schon fast ein besonderer Status. Bei den Jesuiten gehen wir täglich am Morgen zur Eucharistie, geben uns in den schlichten Rhythmus der Werktagsliturgie und nehmen den kurzen, spirituell stets gehaltvollen Predigtgedanken auf. Auch sind wir Pilger nun fast allen bekannt und wechseln einige Worte nach der Messe. Während Franz, Hildegard und Esther vor allem die Infrastruktur des Hotels benutzen, kann ich gut in der Wohnung meiner Jesuitenmitbrüder arbeiten. Haben wir als Pilger in den letzten Monaten unterwegs die Gastfreundschaft fast jeden Tag neu erlebt und sind nach einer Nacht oder kurzen Begegnungen wieder aufgebrochen, so sind wir jetzt Gäste, die länger an einem Ort sind. Es entstehen tiefere Beziehungen, Gewohnheiten zeigen sich und auch ein minimes Mittragen des Alltags der Andern stellt sich ein. Es ist eine andere Form des Gastseins und der Gastfreunsdchaft im Verhältnis zu jener beim Unterwegssein. Der Faktor Zeit verwandelt alles. Beide habe ich in den letzten Tagen innerlich nachklingen lassen, habe mir Zeit dazu genommen.

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2 Kommentare zu Gast und Langzeitgast

  1. Pia sagt:

    Lieber Christian, vor zwei Jahren habe ich Dir den Text gesendet:
    The first verse of Psalm 133:
    .הִנֵּה מַה טוֹב = Hine mah tov
    Behold how good (masculine)
    וּמַה נָּעִים = uMah-Nayim
    and how pleasing (feminine)
    שֶׁבֶת אָחִים גַּם יַחַד = shevet achim gam yachad
    if brothers (people) could sit together in unity

    Nun bist Du Deinem Psalm-Ziel in Amman näher gekommen, was Jerusalem
    bringt, wird eine nahe Zukunft erweisen.
    Die Variationen über das „Gast“-Thema gelten für Dich, für Euch, für Deine
    Mitbrüder, für das Lassalle-Haus, aber auch für uns als Blog-Gäste, die ab Samstag real und weiter virtuell mitpilgern. Das Zusammensein im inneren
    und äußeren Frieden scheint mir immer mehr wie ein nicht machbares
    Geschenk, aber vielleicht können wir alle unser Päckchen dazu nach Bethle-
    hem und Jerusalem abgeben. Und die geistliche Gast-Lebenszeit wird unsere
    Päckchen weiter gestalten, hoffe ich!
    Mit einem gastlichen Gruß
    Pia

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Pia
      ja, das Pilgern geht weiter, mit Bitten und Dank, mit Erinnerungen und Erfahrungen, Begegnungen und Eindrücken beschenkt und beladen.
      Verbunden, Christian