197. Tag (aus Amman): Wallfahren heisst für mich… (XIII)

Wallfahren heisst für mich: Grosse Dinge werden klein und kleine werden gross.

– Grosse Dinge werden klein: Wenn wir gegen Ende unseres Tages nach einer Unterkunft fragten, bekamen wir wiederholt die Antwort: Es sind nur 6 km oder es sind nur 10 km bis zu einem Hotel. Oder manchmal wollte uns jemand einen Tipp geben, welche einmalige Sehenswürdigkeit wir unbedingt anschauen sollten, denn es sind ja „nur“ 30 oder 40 km bis dahin. Solche Auskünfte werden sofort sehr klein, denn sie haben keine Bedeutung für uns: Wir können keine 10 km weiterlaufen, wenn wir schon annähernd 30 km in den Beinen haben, und: Wir wollen auf unserer Route bleiben und zu Fuss sind Umwege mit ‑zig Kilometer nicht zu machen – daher solche Vorschläge zur Seite legen, jetzt sind sie irrelevant.
– Kleine Dinge werden gross: eine Heuschrecke, ein Käfer oder eine Raupe auf der Strasse finden meine Aufmerksamkeit. – Eine Flasche Wasser oder ein Brunnen mit Trinkwasser wird lebensnotwendig, ein Restaurant oder ein Laden sind lang ersehnt und gesucht. Am Abend beim Ankommen sich gründlich waschen oder duschen zu können, freut sehr und macht wieder frisch. Ebenso wenn es einen sauberen Teppich gibt zum Schlafen oder frische Bettwäsche und genügend Decken. Meistens können wir unsere verschwitzte Wäsche im Lavabo mit der Hand waschen. Nur auf 1400 m über Meer und bei einer Temperatur nahe am Gefrierpunkt trocknet sie dann nicht mehr über Nacht. – Alltägliches wird wesentlich.

Grossartiges muss sich unserem Ziel unterordnen, und scheinbar wenig Bedeutendes erhält seinen Wert zurück. Ich erlebe, dass wir auf Selbstverständlichkeiten bisweilen sehnsüchtig oder gar schon nervös warten.
Der Blick wird klar für das, was notwendig ist (vgl. Lk 10,42) und um das wir beten sollen (Lk 11,3).

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Ein Kommentar zu 197. Tag (aus Amman): Wallfahren heisst für mich… (XIII)

  1. Roland und Martina sagt:

    Lieber Franz
    Nur ganz kurz: Ich finde deine Gedanken zum Wallfahren wunderbar ! Danke !
    Roland und mir geht es den Umständen entsprechend sehr gut.
    Herzliche Grüsse an alle
    Martina