Gaudete, dritter Sonntag im Advent

Heute, am dritten Adventssonntag haben wir uns entschieden, in den Gottesdienst arabischer Sprache bei der Gemeinde der Schulbrüder zu gehen. Gross steht über dem Kircheneingang Frères La Salle, doch bezieht sich dies natürlich nicht auf Hugo Enomya Lassalle, dem Bad Schönbrunn seinen Namen verdankt, sondern auf Johannes Baptist de La Salle, der im 17. Jh. die Gemeinschaft der Schulbrüder gegründet hat. Der Orden sieht seine Aufgabe vor allem in der Bildung und Erziehung von Kindern. Als wir in den Kirchenraum eintreten, stehen wir schon vor vollem Weihnachtsschmuck: Christbaum und Krippe, auch wenn die violette Farbe überall noch auf Advent hindeutet. Ich bin irritiert, denn ein vorsichtiger und prägnanter Umgang mit Zeichen im Sakralraum ist mir ein Herzensanliegen.

Das Wort wird Fleisch

Als ich genauer zur Krippe blicke, sehe ich die Hirten, die Könige, Maria und Josef, alle hingewandt zur Krippe und darin – die Bibel! Mein Unmut schlägt bei diesem vertieften Hinschauen sofort in Freude um. Die Heilige Schrift mit allen Weissagungen auf den Messias hin, die in diesen Tagen gelesen wird, wird von den umstehenden Figuren geehrt. Die Hochschätzung des Wortes der Schrift – in der arabischen Kultur so zentral – , wird zum Ausdruck gebracht. Nach dem Gottesdienst frage ich den Pfarrer, ob an Weihnachten das Kindlein anstelle der Bibel in die Krippe gelegt werde. „Nein“, antwortet er mir; „Wir legen das Kindlein auf die Heilige Schrift. ‚Und das Wort ist Fleisch geworden‘ (Joh 1,14).“ Das Weihnachtsgeheimnis der Inkarnation so dargestellt zu sehen, ist eine Freude. Diese Aussage greift tiefer als jene: Gott wird Mensch. Es ist Gottes Wort, das Mensch wird. Damit ist die Bedeutung von Wort, Sprache und Person im christlichen Menschenbild und in der Beziehung von Gott und Mensch gleichsam vermittelt. So freue ich mich an diesem Sonntag von Gaudete!

Dieser Beitrag wurde unter spirituell veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

10 Kommentare zu Gaudete, dritter Sonntag im Advent

  1. Sr. M.Christa Ineichen sagt:

    Ja, schööööne, auch für mich eine neue Erfahrung! Die hl. Schirft im Advent in der Krippe und an Weihnachten das Christkindlein darauf gelegt! Hi,hi!

    Herzliche Grüsse au dem Kloster!
    Sr.M.Christa

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Sr. Christa
      Sieger Köder hat schon ein Bild mit der Bibel an Stelle der Krippe. Es in Advent und Weihnachtszeit so aufzubauen, habe ich in unseren Breitengraden jedoch noch nie gesehen.
      Mit adventlichem Gruss
      Christian

  2. Hedwig Jöhl sagt:

    Hoi Christian, unglaublich schön und tief sinnvoll. Es berührt mich, wie alle Personen (Krippenfiguren) auf die Bibel, das Wort Gottes ausgerichtet sind, sogar die Tiere. Das hat in mir die Erinnerung wachgerufen, dass in einer Pfarrei einmal eine Katze ganz gemütlich auf dem Moos vor dem Krippenkind sich niedergelassen hatte. Da gilt doch wirklich: die ganze Schöpfung wartet voll Sehnsucht auf die Erlösung. Danke für die Foto und den Bericht dazu! Hedwig

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Hedwig
      Genau, nicht nur alle Menschen sondern wirklich alle Geschöpfe.
      Mit liebem Gruss
      Christian

  3. Rahel + Flurina sagt:

    Lieber Christian,

    auch wir waren gestern Sonntag zu Gast in einer Kirche: bei den rumänisch-orthodoxen. In Zürich gibt es zur Zeit eine Ausstellung im Stadthaus über die orthodoxen Kirchen. Sorgfältig und überlegt werden dem Besucher die verschiedenen orthodoxen Kirchen vorgestellt, welche auch in Zürich ihre kleinen Gemeinden haben. Die reformierte Kirche stellt ihre Wasserkirche zur Verfügung für orthodoxe Gottesdienste. Die Schweiz kann also durchaus auch gastfreundlich sein.
    Wir waren fasziniert, wie in der orthodoxen Kirche das Heilige ganz im Zentrum steht. Nur kommunizieren durften wir nicht, weil wir nicht gefastet haben. Dafür kommunizierten als erstes die kleinen Kinder, welche sich während dem ganzen langen Gottesdienst vorbildlich und still verhalten haben, wahrscheinlich, weil sie schon seit ganz klein auf mitgenommen werden.
    Solche Besuche regen an zu theologischer Refglexion, nicht wahr, Christian?
    Wir schicken Dir liebe Grüsse
    Rahel, Flurina und Dominik

    • Bühler Sr. Lena Maria sagt:

      Liebe Pilger und Pilgerinnen
      Als Dank für die vielen Berichte sende ichh euch einen Text von Silja Walter aus der Erzählung BEORS BILEAMS WEIHNACHT. „FORTAN gab es für di Eselin nur noch eine Frage: Reiten sie beide ins Gebirge? …..
      Fragte sie das Mädchen:“Was tust du heute?“ sagte es :“ ACH , ICH LAUFE.“ „WOHIN DENN?“ „IN DEN SCHOBER.“ „JA, WAS GIBT ES DENN IM SCHOBER ZU SEHEN?“ GEH, FRAG DAS GOTTESVOLK ES LÄUFT AUCH HIN.“ So laufen wir alle hin, danken und staunen !!
      Danke bes. für den Bericht vom 3. Advent. Herzliche Grüsse
      Schwester Lena Maria Bühler, Ingenbohl

      • Christian Rutishauser sagt:

        Liebe Sr. Lena Maria
        Danke für die Zeilen von Silja Walter! Ich habe sie immer sehr geschätzt und einige ihrer Texte haben uns auch beim Pilgern begleitet.
        Gesegnete Adventszeit
        Christian

    • Christian Rutishauser sagt:

      Mein liebes Dreigestirn
      Da kann ich nur zustimmen und mich auf weitere theologische Gespräche freuen.
      Weiterhin eine gesegnete Adventszeit
      Christian

  4. Monique sagt:

    Lieber Christian
    Nach der Woche in Wien ist mein Herz noch voller Klänge und Bilder: wunderbare Konzerte (u.a. war ich am 8.12. in der Jesuitenkirche, wo die „Schöpfungsmesse“ von Haydn gesungen und gespielt wurde – herrlich!)
    und viel Kunst erfreuten mein Herz, doch daneben ist eben auch viel „Adventskitsch“. So haben mich Deine Worte am 3. Advent gefreut: auch ich „labe“ mich wieder an der kargen und reichen Botschaft des „Wortes“!
    Mit einem herzlichen Gruss
    Monique

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Monique
      Welcome back! Wien ist immer eine Reise wert. Vor einem Jahr zu Beginn des Advents war ich ebenso ihn Wien. Den Wienern kann man den Kitsch irgendwie verzeihen 🙂
      Mit liebem Gruss
      Christian