Warten ist Übergang

Mit den Tagen in Amman, so scheint mir, schält sich die Bedeutung des adventlichen Wartens kurz vor dem Ziel unseres Pilgerns langsam heraus. Im Pilgertempo. Ohne Eile. Im einfach stetigen Hinhören und Nachdenken taucht da und dort ein Gedanke auf. Ich versuche die heutigen zu fassen:

  • Das Unterwegssein zu viert als Pilger ist abgeschlossen mit dem Ankommen in Amman. So wie es zu viert nicht im Lassalle-Haus am 2. Juni begann, sondern in Müstair am 13. Juni, so endet es nicht am 24. Dezember in Jerusalem, sondern am 27. November in Amman. Die Zeit mit der Gruppe, die uns durch die Schweiz begleitete, empfand ich als Pilgerhoneymoon. Soviel Zuwendung, soviel Begleitung, Wohlwollen mit auf den Weg gegeben. Die Zeit zu viert, so daraus schliessend meine Gedanken, müssen einer Art Bewährung gleichkommen. Der Abschluss unseres grossen Projektes wird wieder zusammen mit einer Gruppe sein. Ich schaue darauf mit dem Herzen eines Kindes, das sich unglaublich auf das Weihnachtsfest freut. Fast platzt ob einer nicht sagbaren Vorfreude.
  • Die ersten Pausentage in Amman sind in meiner Wahrnehmung dagewesen, gemeinsam am Abschliessen des Pilgern nach Jerusalem dran zu sein. Gleichzeitig werden aus dem Viererpaket, zu dem wir unterwegs geworden sind, langsam wieder vier einzelne. Wir bewegen uns mit unseren Gewohnheiten langsam auf den Alltag zu Hause zu, wenn auch manches erst im Wunsch möglich ist. Für mich ist es beispielsweise das Alleinsein. Ich lebte die letzten 27 Jahre allein stehend. Gewollt, gern und gut. Das wurde im letzten halben Jahr vom ersten Tag an völlig anders, und es zählte für mich zu den grossen Unbekannten. Wie geht es mir, wenn ich plötzlich 24 Stunden am Tag vor allem mit Esther zusammen sein werde, weil ich mit ihr auch das Zimmer teile? So meine Frage.
  • Ich bin heute froh um die Pilgerpause in Amman. Sie ist ein Übergang. Sie gibt uns Zeit, miteinander in grosser Gelassenheit abzuschliessen.
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10 Kommentare zu Warten ist Übergang

  1. Werner Aepli sagt:

    In mir taucht zu deinen Gedanken ein Bild auf,ein grosser feiner Faecher,mit Falten, Verstaerkungen aus duennem Holz,den Faecher kann weit ausholen,sich zusammenziehen,auch schliessen,auf die Seite legen,schlafen schoene Blumen,Voegel sind drin,zarte Melodien und das alles mit leisem Wind.Dir liebste Gruesse deine Mama

    • Hildegard Aepli sagt:

      Was für ein schönes Bild, liebe Mama. Und wie ist das jetzt: habe ich die Gabe der Poesie von dir oder hast du sie von mir…

  2. rosmarie sagt:

    Lieber Christian,
    Morgen Samstag feierst Du Deinen Geburtstag. Wenn ich Deine heutigen Gedanken lese, lese ich sie wie Gedanken zum Übergang von einem Lebensjahr ins andere.
    Ich wünsche Dir, dass der Reichtum all der Pilgererfahrungen und Begegnungen für Dich und alle, die Dir begegnen, fruchtbar und zum Segen wird und, dass Du Jerusalem mit dem Psalm 122 im Herzen betreten wirst. Ich werde am morgigen Wüstentag an Dich denken und sage „Bhüet di Gott

    Vielen Dank Dir, Hildegard, Esther und Franz, dass Ihr uns an Eurem Pilgererleben teilhaben lässt.

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Rosmarie
      Vielen Danke für die Glückwünsche. Ja, das pilgern ist für mich auch ein Übergang von der einen in eine andere Lebensphase.
      Herzliche Grüsse und einen gesegneten Advent
      Christian

  3. LausA sagt:

    Gestern hatte ich keine Zeit für den Blog. Heute habe ich nachgelesen. Eine warme, dankbare, glückliche, ja fast etwas sentimentale Stimmung erfüllt mich. Ich wünsche euch allen weiterhin im Warten ein vollkommenes Ankommen und Auseinandergehen.

    • Hildegard Aepli sagt:

      Ja gell, was da alles für Emotionen auftauchen. Ankommen ist für mich seit längerem mit Melancholie verbunden. Ein Ziel erreicht – was nun? Welches ist dad nächste Ziel?

  4. Susanne Hirsch sagt:

    Liebe Pilger
    Ich freue mich für Euch, dass Euch diese Wartezeit in Amman geschenkt ist. So habt Ihr Zeit zum Verkosten des Erlebten. Dieser Puffer zwischen besonderen Erfahrungen fehlt ja meistens. Ich denke, diese Wartezeit wird Eurem Alltag in der Schweiz sehr gut tun.
    Mit einem herzlichen Gruss, Susanne

    • Hildegard Aepli sagt:

      Liebe Susanne, ich muss wirklich sagen, dass ich den Wert dieser Tage auch mehr und mehr erkenne. Herzlich hildegard

  5. Hedwig Jöhl sagt:

    Liebe Hildegard, Christian, Esther und Franz, zuerst möchte ich euch sagen, wie sehr mich die Karte von der Petrus-Kirche mit euren Grüssen wieder gefreut hat. Sie war nahezu ein Monat unterwegs. Und dann sage ich auch herzlichen Dank für so manchen Text, der wieder wie Brot schmeckt. Glückwünsche für Christian – Franz Xaver war auch viel unterwegs, habe ich mir gedacht. Bei uns regnet es, er ist ein Segen für die Erde nach so langer Zeit – ein Regensegen. Ich wünsche euch allen eine gute Weile vor der letzten Etappe und grüsse herzlich, Hedwig

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Hedwig
      Ja, dass ich gerade an Franz-Xaver Geburtstag habe ist ein Omen. so habe ich es immer empfunden. Vielen Dank für die Glückwünsche.
      Mit adventlichem Gruss
      Christian