mitten hineingeraten

Ja, das sind wir gestern Abend, mitten hineingeraten, als wir nach dem Essen noch ein bisschen die Stadt Edirne erkunden wollten und zur grossen Moschee raufgelaufen sind. Die vielen Menschen sind uns schon tagsüber aufgefallen, viele, wenn nicht fast alle Frauen mit Kopftüchern, Männer mit gestrickten Käppchen, modern Angezogene und viele Zigeunger.
Je näher wir zur Moschee kamen, um so mehr Leute drängten sich an uns vorbei, auf den Wiesen sassen und lagen die Menschen.

Wir gehen weiter um die Moschee herum. Eine alte muslimische Frau spricht uns mit: guten Abend an und lädt uns ein in der Moschee zu beten (sie sagt wir gehen mit Allah reden). Wir folgen ihr, aber nach ein paar Schritten haben wir sie verloren und ein junger Mann nimmt sich unser an, der in Deutschland lebt.
Er erklärt uns, warum so viele Menschen sich um die Moschee niedergelassen haben. Ich sage euch, wir waren überrascht, jeder Flecken Boden um die Moschee und auch im Innern des Vorhofs war belegt mit Teppichen, Tüchern und Tischdecken. Auf ihnen sassen und warteten ganze Familienclans mit Pastiksäcken voller Essen und Getränken auf den Sonnenuntergang und auf das Zeichen das Fasten zu brechen.
Nicht jeder Abend sei so wie heute, es sei ein heiliger Tag, erklärte der Deutschtürke. Wir feiern, dass der Koran vom Himmel kam, darum sind alle hier versammelt von überall her, sogar aus Istanbul, um nach dem Essen gleich in der Moschee zu beten.
Wie das wohl vor sich geht? Wir setzten uns hin, um dem Treiben zuzuschauen, wer beginnt denn mit Essen und wann? Gibt es ein Zeichen? Was geschieht?
Wir warten – die Frauen fangen an das Essen auzupacken und zurecht zuschneiden, Kaffeegeruch steigt uns in die Nase, Trauben werden gewaschen – aber niemand isst oder trinkt. Es ist nach acht Uhr abends. Neben uns sitzt ein junger Mann eine 1 1/2 Liter Flasche Wasser in der Hand.
Wir warten – an den Spitzen der Minarette ist die Sonne schon verschwunden. Ich muss noch schnell auf Klo (das ging nicht schnell, denn die Frauen wuschen sich dort, das dauerte…)
Wir warten noch immer, kommen mit zwei Buben ins Gespräch, die seeehhhhr freundlich sind, unsere Hände ehrwürdig küssen, wie man das mit älteren Leuten macht – und wollen natürlich Money Money dafür 😉
Wir warten – und plötzlich ein Knall, Musik und der Muezzin ruft zum Gebet. Alle beten kurz und schnell wird getrunken. Der Mann neben mir, leert fast die ganze Flasche, Kunststück, er wartete den ganzen Tag auf diesen Moment. Dann wird gegessen und geredet und gebetet.

Eine schöne und friedliche Stimmung breitete sich über die picknickende Masse aus, noch mehr Leben kam in die Stadt und einen Platz für uns an einem Tisch zu ergattern, brauchte seine Zeit.
Mmmmhhh das Essen schmeckte nach diesem Warten glaube ich besser!

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6 Kommentare zu mitten hineingeraten

  1. Sr.Juliana sagt:

    Faszination Ramadan für all jene die für Fremdes offen sind nicht aber für jene die in der arabischen Welt leben und Christen sind. Wie wir. Wir kennen Ramadan, wo die Gewalt auf der Strasse zunimmt, wo man bespuckt und verflucht wird, vielleicht sogar mit Steinen beworfen wird. Das ist unsere Erfahrung alles andere kann man in Büchern lesen und in Fernsehen sehen, gehört aber nicht zur Wirklichkeit des Alltags der Minderheit der Christen in der Arabischen Welt.

    • Esther Ruethemann sagt:

      Herzlichen Dank Sr. Juliana für deinen Beitrag, der aus eurer Erfahrung erzählt. Ich bin froh, tatsächlich haben wir nur eine beschränkte Sicht.
      Liebe Grüße Esther

      • Sr. Juliana sagt:

        es ist nicht eine beschränkte sicht, es ist ganz einfach die Faszination und die Offenheit, die Freude, der Wissensdurst und die Lust neues zu lernen, zu sehen , zu hören und zu tasten.
        dagegen bin ich abgstumpft mit der Wirklichkeit des Alltags, die so oft so unverständlich, hasserfühlt ist auf den anderen der anders ist.

        • Esther Ruethemann sagt:

          Ja, das sind andere, schlimme und traurige Erfahrungen, die wir bis jetzt noch nicht (Gott sei Dank) gemacht haben.

  2. Rosmarie aus Jona sagt:

    liebe Esther, liebe PilgerInnen
    ich bin eine von den vielen Leserinnen Eurer Berichte.Sie sind so spannend wie ein Buch. Ich verfolge Eure Reise und finde es wunderbar, dass wir daheimgebliebenen auf diesem Weg mitpilgern können. Ich habe heute Sonntag im Gottesdienst Euch alle in mein Gebet eingeschlossen, dass Ihr weiterhin unter Gottes Segen Euern noch weiten Weg gehen könnt.
    Liebe Grüsse Rosmarie

    • Esther Rüthemann sagt:

      vielen Dank liebe Rosmarie,
      es ist so schön zu wissen, dass wir begleitet sind und das aus der Heimat sowieso. Lasse mir die Menschen und den See grüssen (den vermisse ich bei diesen heissen Temperaturen sehr ;-))
      herzlichst Esther