Die syrische Kirche lebt

Heute ist Christ-König, der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Für uns ist es der letzte Tag des Gehens in Syrien. Was mit unserem Start an Christi Himmelfahrt begonnen hat, so empfinde ich, kommt zu einem ersten Ende, denn das Pilgern in Jordanien und hinauf nach Jerusalem ist ein Finale eigener Art. Syrien war eine besondere Herausforderung und morgen gilt es, über Damaskus zur Grenze zu fahren. Mit diesem Bewusstsein gehe ich in diesen Sonntag hinein. Er beginnt mit dem Weg durch die Schlucht ins Dorf Maalula, das unterhalb des mächtigen Felsdurchbruchs mit dem Kloster liegt. Da besuchen wir das Grab der heiligen Thekla, die gemäss der Paulusakten aus dem 2. Jahrhundert eine Schülerin des Apostels Paulus war. Auch wenn viel Legendenhaftes und wenig Historisches diesen Wallfahrtsort begründet, so ist hier echte syrische Frömmigkeit zu spüren. Mir scheint, dass über Thekla das monastisch-asketische Ideal an die apostolische Zeit zurückgebunden und durch sie legitimiert wird. Faszinierend ist auf jeden Fall, dass hier in der lokalen Kirche noch Traditionen aus neutestamentlicher und patristischer Zeit gepflegt werden, die nicht in die Bibel oder ins Dogma eingeflossen sind. Auch als wir am späten Nachmittag in Saydnaya ankommen und im griechisch-orthodoxen Marienkloster anklopfen, beginnt da eben die Vesper zum Fest der Darbringung Mariens im Tempel. Wie die dreijährige Maria von den Eltern in den Tempel gebracht wurde, so sind auch viele Eltern mit Kinder in der Kirche anwesend, die bei der Ikonenprozession mitgehen. Wir vier Pilger werden so überraschend in den liturgischen Kalender der Ostkirche hineingenommen. Die Vesper ist feierlich, doch mein Herz schlägt für Christ-König.

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