Wir pilgern im kleinen europäischen Teil der Türkei in den Tagen am Ende des Ramazan. Dabei versuchen wir mit offenen Augen und Ohren wahrzunehmen, wie säkular und wie muslimisch die Gesellschaft ist. Gestern in Babaeski war z. b. Bier und Wein leicht zu kaufen und viel mehr Menschen haben tagsüber gegessen als in Edirne. Atatürk ist auf monumentalen Bildern und Statuen überall präsent und sein laizistisches Erbe auch. Gleichzeitig aber dominiert der Islam in der Öffentlichkeit wieder vermehrt. Wenn nun in den Nachrichten zu hören ist, dass Präsident Erdogan zum Ende des Ramazan ein Grundsatzdokument unterzeichnet hat, dass die anerkannten religiösen Minderheiten im Land – die griechisch-orthdoxe Kirche, die Armenier und die Juden – , die seit 1936 konfiszierten Immobilien und Grundstücke zurück erhalten sollen, so ist das zunächst eine freudige Botschaft. Der militante Laizismus ist überwunden und der muslimisch-gläubige Erdogan scheint zu wissen, dass er nur mit der EU weiter vorankommt, wenn er die religiösen Minderheiten anerkennt. Natürlich sind in der Religionspolitik der Türkei noch weitere Schritte zu gehen, bis Gerechtigkeit und Freiheit für alle Kirchen und übrigen Religionsgemeinschaften hergestellt ist. Die Entwicklung aber spornt uns als Pilger, die wir nun gut zwei Monate durch dieses Land gehen, an, die Religionspolitik hier besonders zu verfolgen und die Verantwortlichen ins Gebet zu nehmen.
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Meta
Lieber mir nur durch den Blog bekannter Christian Rutishauser
Ihr Text „Wenn Gebete sich verbinden“ berührte mich sehr. Zum Beitrag „Religionspolitik“ möchte ich anmerken, dass nicht hauptsächlich der Laizismus von Kemal Attatürk die christlichen Kirchen enteignete, sondern die ethnischen Säuberungen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, nota bene entgegen den internationalen Vereinbarungen zum sogenannten Bevölkerungsaustausch von Lausanne. Die Restitutionsabsicht ist gratis und zum Fenster hinaus, sie kommt zu spät: Der klägliche Rest in der Türkei der Griechen und Armenier hat weder die Mittel noch den Nachwuchs, die Immobilien, sofern sie überhaupt noch vorhanden oder nachweisbar sind, zu bewirtschaften. Der laizistische Staat ist nicht per se religionsfeindlich, er kann auch der religiösen Toleranz dienen. Ich möchte ihn in der Schweiz nicht missen. Mich beelendet der Widerspruch und Zwiespalt zwischen der Herzlichkeit der Menschen auf der individuellen und der schwelenden historischen Feindschaft auf der institutionellen Ebene. Glaube und Hoffnung müssen immens sein, damit sie überwunden werden.
In Gedanken mit Euch vieren auf dem Weg
Christina
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