Der Auferstehung entgegenpilgern

Wir sind nach Jerusalem aufgebrochen in den Tagen von Christi Himmelfahrt bis Pfingsten, und an Weihnachten sind wir angekommen, in der Heiligen Nacht nach Bethlehem gepilgert. Die Adventszeit des letzten Jahres verbrachten wir wartend in Amman, bis wir nach Jerusalem hinaufziehen konnten. So hat sich unser Pilgern mit dem Kirchenjahr verwoben. Was aber fehlte

Auferstehungskirche Jerusalem

Auferstehungskirche Jerusalem

ist der Osterfestkreis. Doch dies gilt nur für die Verbindung mit dem äusseren Weg, denn unser Pilgern fiel weder in die Fastenzeit noch in die Ostertage.

Innerlich war das Pilgern nach Jerusalem nicht von Ostern zu trennen, waren wir doch unterwegs nach Jerusalem, dem historischen Ort von Jesu Tod und Auferstehung. Wir sind zur Grabes- bzw. Auferstehungskirche unterwegs gewesen. Das himmlische Jerusalem als die Stadt der Erlösten stand mir auf dem monatelangen Pilgerweg tagtäglich vor Augen und hat mir Kraft gegeben. Gerade das Lamm, das geopfert, der Gekreuzigte, der erhöht und rehabilitiert wurde, gehört zum himmlischen Jerusalem. Da lebt eine österliche und erlöste Gemeinschaft, die den Opfern der Geschichte einen besonderen Platz zuweist.

Nun vor Palmsonntag und zu Beginn der Karwoche, wo ich mich durch die Passion hindurch nach der Auferstehung ausstrecke, ist mir unser Pilgerziel mehr denn je im Herzen. In diesen Tagen, wo ich immer tiefer auf das Erlebte zurückblicken kann, erhärtet sich die Einsicht, dass ich vor allem in eine Nachfolge Jesu in der Verdichtung seiner letzten Tage geführt wurde. Die vier Wochen langen, grossen Exerzitien des Igantius von Loyola, die mir als spirituelle Struktur unterwegs gedient haben, lassen den Menschen in einer ersten Woche in die Biographie zurückblicken, um frei zu werden. In der zweiten Woche wird die gewonnene Freiheit danach befragt, wie sie in der persönlichen Nachfolge Form findet. Ich dachte zu Beginn des Pilgerns, dass vorwiegend die erste Phase geistlich prägen werde. Doch in der zweiten Hälfte des Pilgerwegs wurde immer klarer, dass die dritte und die vierte Woche des spirituellen Übungswegs prädominant sind: die dritte Woche widmet sich der Passion und die vierte der Auferstehung.

Veröffentlicht unter spirituell, wieder daheim | 6 Kommentare

Pilgertalk IV

Vierter und letzter Teil des Pilgergesprächs zu Gast bei KathTalk. Naomi Hasler interviewte Franz Mali und Hildegard Aepli in einer Mammutserie. Alle Interviews wurden am selben Nachmittag geführt und von Dominik Hasler aufgenommen.

http://www.kathtalk.ch/Video-Franz-Mali-Hildegard-Aepli-Jerusalempilger-4

Veröffentlicht unter Medienberichte, Pilgern daheim, spirituell, Vernetzung, Weihnachten in Jerusalem, wieder daheim | 2 Kommentare

Reichtum über Reichtum

Das Pilgern nach Jerusalem verdankt sehr viel dem Lassalle-Haus. Es hat nicht nur den technischen Rückhalt zu Hause gebildet, während wir unterwegs waren, oder war nicht nur Ort der vorbereitenden Seminare und Ausgangspunkt unseres Pilgerns. Mit den Akzenten von Spiritualität, Dialog und Verantwortung ist es auch inhaltlich der Pilgervision von einem spirituellen, interreligiösen und friedenspolitischen Unterwegssein nahe. So hat es mich besonders gefreut, heute abend für den Vereider Gönnerinnen und Gönner des Lassalle-Hauses im „Gönnersalon“ von unserem Pilgern zu erzählen. Die dichten eineinhalb Stunden vergingen wie im Flug und beim anschliessenden Essen waren die Gespräche mehr als anregend. Das Einmalige, wozu das Pilgern nach Jerusalem einlädt, wurde mir nochmals besonders bewusst: Wo sonst kommt auf dem Weg eine so reiche Geschichte in den Blick? Bei welchem Pilgern werden so verschiedene Sprach- und Kulturräume erfahrbar? Wo fordert Krieg und Frieden sonst so heraus? Zu welchem Pilgerort haben so viele Menschen, ob religiös oder säkular, einen Zugang wie zu Jerusalem? Wo ist der heilige Ort zugleich Ort der Erinnerung und der zukünftigen Hoffnung? Der Reichtum überwältigt mich wieder und wieder. Er fordert jeden, der sich ihm nähert ganz!

Veröffentlicht unter Lassalle-Haus, spirituell, Zuhause | 1 Kommentar

Pilgertalk III

Nach den Teilen I und II folgt nun der dritte Beitrag des Interviews von Hildegard Aepli und Franz Mali für Kathtalk.ch. Zunächst unterhaltsam mit schönen Anekdoten, dann aber sehr ernsthaft im Rückblick auf das Wallfahren in Syrien kommen die schmerzlichen Strapazen und auch die grossherzige Gastfreundschaft zur Sprache.

Hier der Link: direkter Link zum Talk

Veröffentlicht unter Begegnungen, Begegnungswoche in Istanbul, Medienberichte, Muslime, politisch, spirituell, Strecke, Übernachtungen, unterwegs | 3 Kommentare

Tag des Judentums – dies judaicus

Heute, am zweiten Sonntag der Fastenzeit,
begeht die röm.-kath. Kirche den Tag des Judentums, dies judaicus. Ich freute
mich sehr, heute morgen dem Gottesdienst im Lassalle-Haus vorzustehen und die
Predigt zu halten. Der Dialog mit der jüdischen Tradition war neben dem Dialog
mit dem Islam ein Herzensanliegen unseres Pilgerns. Nun die Verbundenheit mit
der jüdischen Tradition in der Eucharistie bewusst zu machen, ist mir seit je
ein grosses Anliegen: die Berakot, die Segensgebete bei der Gabenbereitung über
Brot und Wein, diese Gaben selbst, der Psalm als Antwort auf die Lesung und
dann das Hören auf Gottes Wort in den Lesungen… alles Elemente, die beide
Glaubenstraditionen miteinander verbinden, auch wenn Textauslegung und Liturgie doch eigene Wege gegangen sind. In meinem Predigtwort, habe ich mich auf die Auslegung von Gen 22, der Opferung bzw. Bindung Isaaks konzentriert:

– Gott, der einen Auftrag gibt, der letztlich mehrdeutig bleibt, bleibt man an der Offenheit der hebräischen Sprache.

– Abraham, der mit Gott um seinen Sohn ringt, wie es der Midrasch entfaltet.

– Isaak, der Mann, mitten im Leben stehend, bereit zur Hingabe

– Sara, die Frau und Mutter, die um ihre beiden Männer sorgt und stirbt (Gen 23)

Die Bereicherung der Schriftauslegung, die der Einbezug der jüdischen Tradition mit sich bringt, war heute morgen spürbar. Nach dem Gottesdienst sind in der Cafeteria denn auch lebendige Gespräch darüber geführt worden. So stelle ich mir gemeinsames Feiern und lernen vor. Ein guter Sonntag, sich im Glauben zu vertiefen und sich auf Ostern vorzubereiten.

Veröffentlicht unter Begegnungen, Christen, interreligiös, Juden | 4 Kommentare

Pilgertalk II

http://www.kathtalk.ch/Video-Franz-Mali-Hildegard-Aepli-Jerusalempilger-2

Franz Mali und Hildegard Aepli im zweiten Gespräch mit Naomi Hasler zu Gast bei KathTalk.

Veröffentlicht unter Begegnungen, Medienberichte, Pilgern daheim, politisch, spirituell, Strecke, Übernachtungen, unterwegs | 1 Kommentar

mmhhh – einfach guet

Heute Morgen stehe ich im Coop, bin am einkaufen, da sticht mir das Fladenbrot in die Augen. Stimmt, das hatte ich schon lange nicht mehr. Doch weiter gehts, der Korb füllt sich mit anderen Dingen. Heute Nachmittag aber musste ich nochmals in den Coop, denn wer keinen Kopf hat, die hat Füsse. Und ich kaufe, neben den Dingen, die ich brauche noch eine Büchse Kichererbsen, weil ich plötzlich Lust nach Hummus hatte. Kaum stehe ich an der Kasse und habe alles auf dem Band, fällt mir auf, dass mir das Brot dazu fehlt. Nun denn, gehe ich noch schnell in die Migros, da gibt es sicher auch Pitabrot. Gedacht, gefunden, bezahlt. Zuhause schalte ich meinen Compi an um ein Hummusrezept zu suchen. Oha, es braucht auch noch Sesampaste, das habe ich nicht. Ein dritter Einkaufsgang beginnt. Diesmal in das Reformhaus, welches mich beglückt und mir auch noch eine Zitrone verkauft.

So, jetzt habe ich alles (1 Büchse Kichererbsen, 40 Gramm Sesampaste, 50 ml Zironensaft, 30 ml Olivenöl, Salz, Pfeffer und Paprikapulver und ein bisschen Wasser) alles vermixt, mit Olivenöl serviert, das Fladenbrot im Ofen aufgebacken. „Mmhhh, sisch eifach guet.“ Und erinnert mich an viele, viele Nachtessen in den arabischen Ländern. Nur zu viert wäre es wie vor ein paar Wochen…

Veröffentlicht unter Zuhause | 4 Kommentare

Pilgertalk I

Franz und Hildegard sind am Samstag in KathTalk von Naomi Hasler interviewt worden. Eine vierteilige Serie ist entstanden. Hier die erste davon:

http://www.kathtalk.ch/Video-Franz-Mali-Hildegard-Aepli-Jerusalempilger-1
Veröffentlicht unter Begegnungen, Medienberichte, Reisevorbereitungen, Strecke, unterwegs, wieder daheim | 1 Kommentar

Frucht des Pilgerns

Gestern abend traf ich mich mit einem Freund in Basel. Etwas kleines zum Abendessen sollte der Rahmen für unser Wiedersehen sein, wo ich auch über unser Pilgern erzählen wollte. Er nannte mir einige Lokale, wo wir uns treffen könnten, unter anderem auch das türkische Restaurant in der Herbergsgasse. Nicht weil es gleich neben der Hochschulgemeinde liegt, die wir Jesuiten da führen, und ich da übernachtet habe, sondern weil es ein türkisches Restaurant ist, habe ich mich dafür entschieden.“Pinar“, Frühling, ein Wort, dem wir in Anatolien immer wieder begegnet sind, heisst das Restaurant. Und als wir am Tisch sassen und die Speisekarte vor uns hatten, las ich nun all die vertrauten Namen von türkischen Gerichten: Adana Kebap, Börek mit Spinat, Lachmatschun etc. Waren es beim Pilgern fremde Namen für Gerichte, so sind sie nun Bekannte Speisen, die Erinnerungen an unser Unterwegssein wach rufen. Wie unterschiedlich nun diese Worte und Speisen für mich konnotiert sind! Als ich mich mit einigen Worten in Türkisch von der Wirtin verabschiede, glänzen ihre Augen. Nicht nur die Begegnungen in der Türkei während des Pilgerns, sondern auch die Begegnungen mit Türken in der Schweiz sind nun eine Frucht des Pilgerns: offener, interessierter, tiefer, weil ich etwas weniges von ihrer Heimat kenne und nicht nur sie sich in mich als Schweizer hineinfühlen müssen.

Veröffentlicht unter Begegnungen, wieder daheim | Kommentare deaktiviert für Frucht des Pilgerns

jetzt frage ich

Ich betrachte den eher kleingewachsenen, dunkelhaarigen Mann hinter der Kasse ein wenig. Er hat meine Jacke für chemische Reinigung entgegen genommen. Prüft sie innen und aussen. Kommen Sie aus der Türkei, frage ich. Er schaut verwundert auf. Ja, ich bin Türke. Ich bin letztes Jahr von der Schweiz aus nach Jerusalem gelaufen. Fast 2 Monate waren wir in der Türkei. Wirklich? Gelaufen sind Sie? Den ganzen Weg? Ich komme aus der Gegend, die an den Iran grenzt, Mesopotamien, ich bin Aramäer. Er ruft seine Mitarbeiterin. Du, sie ist nach Jerusalem gelaufen. Sind Sie auch Türkin? Nein, ich komme aus Serbien. Was, da bin ich auch durchgelaufen.  Es entwickelt sich ein Gespräch, auf Hochdeutsch, das mich so sehr an die Begegnungen mit den Menschen auf dem Balkan und in der Türkei erinnert. Hocherfreut verabschiede ich mich und laufe in die neue Woche.

Jetzt frage ich die Menschen, woher sie kommen, weil ich ihre Länder so sehr lieben gelernt habe.

Veröffentlicht unter Begegnungen, Pilgern daheim, wieder daheim | 2 Kommentare