Angst vor Frieden in Nahost?!

Am letzten Wochenende stand Politik und Gesellschaftsentwicklung in Israel im Zentrum der Aufmerksamkeit des Lassalle-Hauses. Im Rahmen des Pilgerprojekts haben wir eingeladen, sich mit dem Nahostkonflikt tiefer auseinanderzusetzten, um nicht vorschnell zu urteilen, Partei zu ergreifen und zu verurteilen. Vielleicht ist es gerade die Aufgabe der Europäer und Europäerinnen die palästinensische und die israelische Seite zu verstehen, um echt vermitteln zu können. Nach einer Einführung zur Bedeutung des Landes Israel in biblischer Zeit am Freitag abend, war der ganze Samstag der Geschichte des Zionismus gewidmet. Angefangen mit der ersten Alija (jüdischen Einwanderungswelle) von 1882 sind wir den Stationen der Geschichte von Palästina und Israel nachgegangen. Die arabisch-palästinensische Geschichte war ebenso im Blick wie die jüdisch-israelische. Gegen Abend waren wir in der Politik und Gesellschaftsentwicklung seit der zweiten Intifada nach 2000 angekommen und diskutierten bei einem Glas Wein aktuelle Fragen des Nahostkonflikts. Dies war die beste Vorbereitung für die Sonntagsmatinee mit Prof. Moshe Zimmermann aus Israel. Er stellte die Thesen seines neuen Buches vor „Angst vor dem Frieden. Das israelische Dilemma.“ Selbstkritisch analysierte er die Angst in seiner Gesellschaft, die aus der traumatischen Erfahrung der Geschichte gespiesen wird und grössere Angst vor der innerisraelischen Auseinandersetzung erzeugt also vor Krieg. Die Frage nach der kollektiven, jüdischen Identität steht nach Zimmermann zur Debatte und auf dem Spiel.

Die Matinee war ein äusserst interessantes Gespräch, ohne Polemik und Schuldzuweisungen geführt, doch echt um tieferes Verstehen ringend. Nach meinen Fragen an Zimmermann, war das Publikum, das zahlreich erschienen war, mit vielen Fragen und Kommentaren im Gespräch und Austausch. Am Montag Abend ging es gleich weiter: In München trug Zimmermann seine Thesen über die Entwicklung der israelischen Gesellschaft nochmals beim Rottendorf-Kolloquium an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten vor. Ich konnte ihn zusammen mit dem Palästinenser Abdul-Rahman Alawi zu einem spannenden Gespräch herausfordern. Das Bayrische Fernsehen hat den Abend aufgezeichnet und wird ihn am 5. Februar 2011 in der „Denkzeit“ um 22.30 Uhr senden. Zu Fuss nach Jerusalem zu pilgern gibt einfach zu denken!

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3 Kommentare zu Angst vor Frieden in Nahost?!

  1. Alex Obrecht sagt:

    Liebe Freunde
    ich bin auf folgenden Link gestossen
    http://www.ted.com/talks/william_ury.html
    es geht um Konfliktlösungsversuche im Nahen Osten und Wandern auf den Spuren Abrahams; ev ist er bereits bekannt, es gibt offenbar noch andere, die wandernd Frieden zu schaffen versuchen. Ich fand den Vortrag interessant!
    Mir weihnachtlichen Grüssen
    A.Obrecht

    • Christian Rutishauser sagt:

      Lieber Herr Obrecht
      Herzlichen Dank für den Heinweis. Wir sind mit den Leuten vom Pfad Abrahams bereits im Kontakt und freuen uns, dass die Idee an den verschiedensten Orten wach wird.
      Frohe Weihnachten
      Christian Rutishauser

  2. Für die Friedenswanderung nach Jerusalem möchte ich folgendes Gedichht mitgeben:

    Kern der Religionen

    „Was du nicht willst, dass man dir tu,
    Das füg’ auch keinem andern zu.“
    Die hohe Weisheit uns’rer Alten
    In jedem Glauben ist enthalten.

    Würd’ ehrlich man sich stets bestreben,
    Nach dieser Weisheit auch zu leben
    Und alles Trennende weglassen,
    Vorbei wär’ es mit Zank und Hassen.

    Ich hoff’ die Einsicht sei nicht fern,
    Dass jeder strebt nach diesem Kern.

    Aus dem Gedichtband Öko-Balance, Gerhard Hess Verlag

    Gute Wanderung wünscht Markus Zimmermann