215. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XXIII)

Wallfahren heisst für mich: mit leeren Händen heimkehren

In den Anweisungen für die grossen Wallfahrten im Alten Testament wird betont: „Man soll nicht mit leeren Händen hingehen, um das Angesicht des Herrn zu schauen.“ (Dtn 16,16)

Eine Frage unterwegs lautete: Mit Kreditkarte und Geld im Sack zu pilgern ist einfach und wenig Herausforderung; sich den Spendern und den Menschen unterwegs ganz auszusetzen und der Vorsehung – ohne Geld oder Kreditkarte: das sei richtiges, asketisches Wallfahren. Pilger mit dieser Einstellung haben wir unterwegs getroffen.
Es ist aber nicht mein Ideal: Ich bin bereit, für die Pilgerschaft nach Jerusalem von meinem Geld und Gehalt, von meiner Zeit zu investieren – und wenn man so will – es mitzubringen vor Gott hin, zum Kind in der Krippe, vergleichbar den Magiern aus dem Osten.
Aber der Verdacht drängt sich mir dann auf, ich hätte etwas Besonderes geleistet und erwarte mir eine Abrechnung, eine Belohnung dafür: Das ist mir gänzlich zuwider. Ich bilde mir nicht ein, etwas Besonders geleistet zu haben. Ich erwarte mir keine Belohnung, sondern ich glaube, dass Gott mich als sein Kind liebt, und so darf ich kommen wie ich bin, wie es mir jetzt geht, mit meinen Schätzen und Mängeln, mit allem, was ich gemacht und nicht gemacht habe. Er sieht und hört mich, er empfängt mich – einfach, weil er mich liebt (vgl. die Lesung von gestern: Gal 4,7).

Statt Belohnung – so meine Wahrnehmung – trifft gerade das Gegenteil zu: Ich werde mit leeren Händen heimreisen – wie die drei Könige aus dem Morgenland, die Sterndeuter aus dem Osten, die ihre Gaben dem Kind brachten und ihm übergaben. Sie kehrten ohne ihre Schätze nach Hause zurück, allerdings auf einem anderen, neuen Weg, wie es heisst (Mt 2,11-12).

Die Begegnung mit Christus hat sie arm gemacht, arm wie dieses Kind – das ist auch mein Empfinden. Mit leeren Händen, mit einem kleineren Rucksack, ohne Schutzhülle, mit offenem Herzen, mit freien Armen kehre ich heim.
Unsicher bin ich mir, ob ich dafür die Seligpreisung Jesu auf mich anwenden kann: arm und selig zu sein: Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich (Mt 5,3).

Gerne übergebe ich meine Schätze dem Kind und lasse sie los. Und ich werde nicht mehr gleich heimkehren, wie ich ausgezogen bin.

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4 Kommentare zu 215. Tag: Wallfahren heisst für mich… (XXIII)

  1. nobody sagt:

    Lieber Franz
    danke Dir sehr für diese erneut mich so berührenden Worte. Tut gut, an solchem Morgen, wo die Arbeitenden widerwillig oder erleichtert wieder an ihren Arbeitsstellen erscheinen mögen nach all den sog. Feiertagen, und die ohne Arbeit, die Freien oder Vogelfreien, den Tag auch irgendwie, bloss eben, wie –
    Deine „…heisst für mich“… alle bedeuten mir sehr viel. Ganz herzlichen Dank Dir lieber Franz und ganz viele gute Wünsche Dir

  2. Hedwig Jöhl sagt:

    Lieber Christian, Hildegard, Esther und Franz, euch allen ganz lieben Dank für die nährenden Beiträge. Besonders dankbar bin ich für die Gedanken zu den leeren Händen – sozusagen zum Abschluss. Und so sehe ich euer Foto in den Regenumhängen: jedeR in seiner persönlichen Farbe. Alle 4 hatten das gleiche Pilger-Ziel vor Augen, und doch werdet ihr es ganz persönlich erlebt haben – eben in seiner leuchtenden Lebensfarbe. Danke vielmals! – am 6. bin ich leider nicht beim Empfang, sondern in München – aber trotzdem: willkommen! Hedwig

  3. Marie-Therese sagt:

    Lieber Franz,
    Wieder einmal mehr: vielen herzlichen Dank für Dein Teilen Deiner Gedanken, Deiner Ideale und Empfindungen. Deine Einstellung zum Pilgern und Geld gefällt mir. In dem Du Deine materiellen Reichtümer zum Jesuskind bringst haben die Menschen, die von Reisenden ganz oder teilweise leben doch etwas davon, sie sind ja letzten Endes auch Jesus-Kinder. Du und Deine MitpilgerInnen kommen sicher materiell leichter heim, innerlich aber mit unbezahlbaren Schätzen.
    Mit dem Bettel-Pilgern hab ich meine Mühe, vor allem, wenn sie aus reichen Ländern kommen und von der Grosszügigkeit von armen Menschen profitieren um an ihr Ziel zu kommen. Ich finde es aber o.k, wenn wirklich mittellose Pilger sich durcharbeiten, d.h. bereit sind, dort wo sie sind auch für das Erhaltene eine Gegenleistung in Form von Mithilfe (auf Feldern, Küche, etc) zu erbringen.
    Dir und Deinen MitpilgerInnen wünsche ich noch bereichernde aber auch erholsame Tage im heiligen Land!
    Herzliche Grüsse aus Fribourg, Marie-Therese

  4. Susanne Hirsch sagt:

    Lieber Franz Mali
    Der Gedanke, mit leeren Händen von der Wallfahrt heimzukehren, gefällt mir ausgesprochen gut, ohne dass ich schon fassen kann, wieso. Vielleicht hilft er mir, auch ohne Wallfahrt Hände zu leeren.
    Nun eine gute Heimkehr auf anderen Wegen.
    Mit einem herzlichen Gruss, Susanne Hirsch