Exerzitien: Ein Jerusalem-Pilgerweg im Sitzen

In den vielen Monaten der Vorbereitung unseres Pilgerns hatte Heidi Eilinger die Idee, während wir vier Pilger nach Jerusalem unterwegs sind, grosse ignatianische Exerzitien im Lassalle-Haus anzubieten. Ich war sofort begeistert, weil ich wusste, dass es keine bessere gegenseitige Begleitung von uns und Euch zu Hause gibt. Die Verbindung besteht darin, dass Ignatius diesen spirituellen Übungsweg geschaffen hat, um innerlich frei zu werden, in eine persönliche und unverwechselbare Christusnachfolge zu finden und aus seiner Hingabe und Liebe zu leben. Dabei formuliert er in einer Schlüsselmeditation, der „Betrachtung der zwei Banner“, dass es darum geht, sich nicht nach Babylon zu wenden, sondern nach Jerusalem. Er schreibt hier die geistliche Alternative fort, die in der Heiligen Schrift grundgelegt und in der Spiritualitätsgeschichte besonders seit Augustinus reich entfaltet worden ist. Der Weg in die Stadt Babylon ist nach Ignatius durch die Lasterdynamik Reichtum-Geltungssucht-Hochmut bestimmt, während der Weg nach Jerusalem über die an Christus geformten Trias Armut-Bescheidenheit-Demut ereicht wird. So sehr die intensiven Meditationszeiten in Abgeschiedenheit, die Ignatius täglich für die Exerzitien vorsieht, äusserlich dem Gehen des Pilgers verschieden sind, so sind sie innerlich doch auf dasselbe Ziel ausgerichtet: sich von der babylonischen Logik zu verabschieden und der Geistbewegung Jerusalems anzuvertrauen. Ignatius hat sich in seinen autobiographischen Aufzeichnungen selbst als Pilger bezeichnet, obwohl er nach seinen Wanderjahren sesshaft in Rom lebte und da den Orden der Jesuiten aufbaute. Sein Jerusalem ist schliesslich Rom geworden und meines wird wieder in der Schweiz sein.

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4 Kommentare zu Exerzitien: Ein Jerusalem-Pilgerweg im Sitzen

  1. Gerhard Mähr sagt:

    Lieber Christian!
    Die Ausrichtung meines Denkens und Fühlens auf Jerusalem im örtlich-geographischen Sinn und im übertragenen Sinn auf Jesus Christus ist mir gerade in den Texten der Adventzeit immer wieder stark bewußt geworden. Eine ähnliche geographische und innere Ausrichtung gibt es ja auch auf dem Jakobsweg. Dort ist sie nach Westen zur untergehenden Sonne und zum Grab des Apostels Jakobus.
    Entscheidend ist die innere Ausrichtung auf Jesus Christus!
    Ich finde die Parallelen von dir und deinem Mitbruder zwischen dem Pilgern und den Exerzitien sehr aufschlussreich!
    Danke!
    Mit lieben Grüßen an euch vier!

    Gerhard

    • Christian Rutishauser sagt:

      Lieber Gerhard
      Unsere Tradition ist so reich an Bezügen und Deutungen. es ist mir eine Freude, immer auch neue Elemente zu entdecken und mich dann selbst mit meinen Akzenten in sie einzuschreiben.
      Verbunden, Christian

  2. Lieber Christian, vor vielen Jahren besuchte ich ein Seminar bei dir im Lassallehaus, jetzt sitze ich am Küchentisch in unserem placement in South Hebron Hills, im Einsatz als EA, Eappi, The Ecumenical Accompaniment Programm in Palestine and Israel. Ich habe Euch auf der Pilgerwebseite immer wieder besucht und freue mich, so Gott will, mit Euch an der Friedenskonferenz zu sein. Mich begleitet zur Zeit das Büchlein „Hell wie ein Stern“ von Erich Purk…Mein Jerusalem wird auch wieder die Schweiz sein.
    Salam, shalom, Friede für alli marie eve (Rufname)

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Marie-Eve
      ich kann mich an Dein gesi ht nicht mehr erinnern, doch ich freue mich natürlich sehr, dass Du Dich hier meldest. Noch schöner, dass Du an die Friedenskonferenz kommen kannst. Deine Erfahrungen von Deinem Einsatz, wenn der schon begonnen hat, kannst Du dann auch einbringen.
      Mit einem lieben Gruss
      Christian