104. Tag: Sechster freier Tag in Istanbul

Heute gibt es keine Strecke.

Im liturgischen Kalender der katholischen Westkirche wird heute der Gedenktag des hl. Johannes Chrysostomus gefeiert. Er war Patriarch von Konstantinopel, dem heutigen Istanbul von 398 bis 404. Der Gedenktag orientiert sich am Todestag des Heiligen, dem 14. September 407.

Johannes wurde in Antiochia, dem heutigen Antakya in der Südtürkei geboren. Nach seiner Taufe im Alter von 23 Jahren führte er mit ein paar Freunden ein mönchisches Leben im Haus seiner Mutter, die eine wohlhabende Witwe war und nicht wollte, dass er sie allein liess. So sorgte er für sie bis zu ihrem Tod. Danach zog er sich ins Hinterland von Antiochia als Mönch zurück. Während dieser Zeit studierte er eifrig die Hl. Schrift und las sehr viel. Im Jahr 391 wurde er in Antiochia zum Presbyter geweiht und gewann allmählich hohes Ansehen als begabter Prediger. Er legte viel Wert auf lebensnahe Auslegung der Bibel und deren praktische Anwendung. Und er hatte ein aufmerksames Auge auf die sozialen Probleme seiner Zeit.

Wohl aufgrund seiner Popularität wurde er 397 zum Patriarchen von Konstantinopel ernannt, das zu dieser Zeit schon die reichste Stadt des Imperiums war. Johannes hielt auch da mit seiner Kritik am missbräuchlichen Umgang mit dem Reichtum nicht hinter dem Berg, sondern kritisierte öffentlich sogar die Kaiserin. Diese erwirkte seine Absetzung und zweimalige Verbannung. 407 starb er auf dem aufgezwungenen Fussmarsch ins Exil.

Schon zwanzig Jahre nach seinem Tod wurde er rehabilitiert und seine Gebeine nach Konstantinopel zurück gebracht. Heute zählt er zu den am meisten geschätzten Kirchenvätern besonders in den Kirchen byzantinischer Tradition.

Aus seinem Mund – „Chrysostomus“ heisst „Goldmund“ – stammt der geistliche Satz:

„Nichts ist mächtiger als ein Mensch, der betet: denn durch das Gebet wird er der Macht Gottes teilhaftig.“

Auch seine Überlegungen zu Armut und Reichtum sind bedenkenswert:

„Reich ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht – arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel begehrt.“

Oder auch die Forderung:

Jeder soll nämlich das, was er besitzt, sei es Weisheit oder Macht oder Reichtum oder sonst etwas, zum allgemeinen Wohl verwenden, nicht zum Nachteil seiner Mitmenschen oder zum eigenen Verderben.

Mir scheint, diese Forderung hat nichts von ihrer Aktualität verloren.

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7 Kommentare zu 104. Tag: Sechster freier Tag in Istanbul

  1. LausA sagt:

    Fünfundzwanzig Tag hat sie gebraucht, die Karte aus Plowdiw mit euren herzlichen, handgeschriebenen Grüssen. Nicht zu Fuss ist sie gekommen, höchstens noch das letzte Stück von der Post bis zu uns, Emil hat sie unter verschiedenen anderen Sendungen, so als erfreulicher Kleinod, mir aufs Pult gelegt. Danke, danke, danke, danke euch allen Vieren.

    • Franz Mali sagt:

      Liebe LausA
      schön, dass die Karte angekommen ist und so viel Freude macht! Eine Karte ist doch etwas anderes als eine digitale Nachricht…
      Franz

      • LausA sagt:

        Sicher, lieber Franz, habe mich ja auch gefragt, welchen Weg sie in diesen 25 Tagen zurückgelegt hat, was sie zu erzählen hätte…! Und trotzdem, die digitalen Nachrichten haben in diesem, euerm Fall so eine starke Kraft, sind spannendes Detail von eurer Reise, sind eine gute Möglichkeit der Distanzüberwindung, eine angenehme Art von Nähe und was dabei auch immer wieder klar wird, die wirkliche Nähe kann keine Art von Kommunikation überbringen, diese braucht man wie eh und je. Und auf diese freue ich mich, auf den Januar!

  2. ursula,kleine sr sagt:

    danke,lb Franz für die höchst aktuellen texte vom goldmund johannes !
    ich freute mich sehr, als ich schon am morgen feststellte, dass ihr ihn in k.feiert.
    guten mut für den noch fraglichen weiteren fuss-weg…..
    und heute bin ich wieder im migrations-garten (projekt der heks) und in gedanken in der auferstehungskirche.lg
    ursula

    • Franz Mali sagt:

      Liebe Sr. Ursula
      ja, wenn wir schon in seiner Residenzstadt sind und der Gedenktag gerade fällt, freue ich mich, ihn feiern zu dürfen. Heilige bringen immer das Evangelium oder Christus selber in ihrer Zeit zu leuchten – und nicht nur in ihrer Zeit…
      Herzlich Franz

  3. Ute sagt:

    Lieber Franz,
    Dein Bericht über Johannes von Antiochia und seine Zitate sind ja sooo aktuell! Danke, dass Du uns wieder daran erinnert hast! Ich will es mir ganz gut merken.
    Übrigens: ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, Euch drei mit „Sie“ anzusprechen, ich fühlte mich von Anfang an als „Pilgeranhängsel“ so Du-mässig mit Euch verbunden. Ich denke, es ist auch in Euerem Sinn.
    Viele Grüsse und noch viele fruchtbringende Erlebnisse in Istanbul!
    Ute

    • Franz Mali sagt:

      Liebe Ute,
      schön, dass Johannes von Antiochia dich so anspricht! Das Duzen ist ganz in Ordnung – ich freue mich darüber!
      Herzlich Franz