Heute hat uns Herr Orhan Esen eindrucksvoll durch Istanbul geführt: Am Taksimplatz begann die Führung mit der geostrategischen Lage, die seit Tausenden von Jahren mit der Meerenge des Bosporus ein Fokus von Handel und ein Magnet für Menschen darstellt. Dabei griff Esen weit über die römische Epoche zurück und zeigte die bleibende, weil topographisch vorgegebene Bedeutung der Stadt auf. Danach gingen wir der alten „Grand Rue“ und ihren Seitengassen und Nebenplätzen im nördlichen Istanbul entlang und tauchten in die Stadtentwicklung ein, die im 19. Jh. hier eine Metropole der Moderne entstehen liess. Für viele von uns war vor allem die gewaltsame Umgestaltung der Stadt 1826 durch den Sultan Mahmud II. ein Geschichtsereignis, das gänzlich unbekannt war, weil der Blick immer auf Atatürk und seine Reformen im 20. Jh. gerichtet ist. Dass aber gerade im Osmanischen Reich eine Sozialpolitik herrschte, von der einige Elemente auch Auswüchse unseres spätkapitalistischen Gesellschaft korrigieren könnten, hat zu anregenden Gesprächen geführt.
Wir vier Pilger konnten nur vom Morgen der ganztägigen Führung profitieren, denn am Nachmittag war Interviewzeit mit dem Filmteam, das eben angereist ist. Dass das vertiefte Vertstehen der Länder, durch die wir ziehen, jedoch zu unserem Pilgern gehört, hat mich heute sehr glücklich gemacht. Als Pilger sind wir immer auf unsere Gastgeber angewiesen, doch mit unserem vertieften Hören und Verstehen können wir auch etwas zurückschenken.
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