146. Tag: Ruhetag in Tarsus

Heute gibt es keine Strecke.

Tarsus ist uns Christen als Geburtsort des Apostels Paulus bekannt. Diese Stadt, die am Fuss des Taurusübergangs der Kilikischen Pforte liegt, war in der altkirchlichen Zeit auch ein angesehener Bischofssitz, der zum Patriarchat von Antiochia (arab. Antakya) bzw. türkisch Hatai gehörte. Ab 378 war hier Diodor „von Tarsus“ Bischof, der aus der Antiochien stammte. Nach seinem Studium war er Mönch geworden und hatte vor den Toren seiner Geburtsstadt ein Kloster mit einer theologischen Schule gegründet, die durch ihr besonderes Festhalten an den Beschlüssen des Konzils von Nizäa (325) bekannt wurde. Diodor zeichnete sich als Bischof von Tarsus durch seine aktive Rolle auf dem Konzil von Konstantinopel (381) aus.

Neben Johannes Chrysostomus war Theodor von Mopsuestia wohl sein berühmtester Schüler. Auch Theodor stammt aus Antiochien, genoss eine hervorragende Ausbildung und war dort Mönch geworden. Seine Begabung zeigte sich bald, indem er schon in jungen Jahren begann, Kommentare auf biblische Bücher zu verfassen. Ab 392 bis zu seinem Tod 428 war er Bischof von Mopsuestia, dem heutigen Yakapınar unweit von Adana, durch das wir in den nächsten Tagen gehen werden. Er hinterliess schliesslich ein sehr umfangreiches Kommentarwerk zu den meisten Büchern der Hl. Schrift, liturgische Texte und eine Reihe von dogmatischen Abhandlungen. In der Kirche des Ostens (im Perserreich) und deren theologischem Zentrum Nisibis (heute Nusaybin in der SO-Türkei) wurde er zum massgebenden theologischen Lehrer über Jahrhunderte, und seine Schriften erhielten nahezu kanonischen Wert. In der Kirche des griechischen und lateinischen Westens hingegen wurde er nach politisch motivierten Kontroversen 125 Jahre nach seinem Tod verurteilt und leider aus dem Gedächtnis gestrichen.

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2 Kommentare zu 146. Tag: Ruhetag in Tarsus

  1. Rieder Theresa sagt:

    Lieber Franz,
    hab herzlichen Dank für diese wichtigen Nachrichten aus Tarsus über Diodor und seine Schüler Johannes Chrysostomus und Theodor von Mopsuestia! Trotz der Pilger Achtsamkeit in der Gegenwart geht das gute Erbe der alten Kirchenväter und -mütter nicht vergessen. Welch Unterschied für den Ort Tarsus und die Menschen, die da vorbeiziehen, wären die Geschichten nicht überliefert.
    Aus der Studierstube in Bern grüsst herzlich Theresa

    • christina von waldkirch sagt:

      Lieber Franz
      Seit vielen hundert Kilometern geht Ihr nun durch das Kernland der Alten Kirche. Ausser C’opel und die turistrisch ausgenutzten und missbrauchten Höhlen von Kappadokien ist davon ausser unter Spezialisten der KG kaum mehr etwas im Bewusstsein des Westens, das sich nun als Zentrum der reichen Welt versteht, übrig, auch nicht, dass seither und bis vor 90 Jahren hunderttausende Christen verschiedenen Bekenntnisses dort heimisch waren. Schwierig, in Gefühlen und Gedanken damit zurecht zu kommen.
      Seid alle vier herzlich gegüsst aus einer anderen Studierstube in Bern.