Zwei Ordensmänner, die für ihre Sache leben

Der heutige Sonntag war durch zwei Begegnungen geprägt: Am Morgen sind wir mit der Gruppe zur deutschsprechenden St. Georgsgemeinde gefahren, wo uns Pater Kangler empfing. Seit über 30 Jahren lebt er als Pater des Lazaristenordens in Istanbul und war lange Rektor der Österreichischen Schule. In einer grossen Sachkenntnis und klugen Differenziertheit hat er über die Situation der Christen im späten Osmanischen Reich und in der Türkischen Republik gesprochen. Doch sein Blick war nicht von kirchlichen Interssen eingeengt, sondern thematisierte zugleich, wie in der Türkei Religion grundsätzlich lebbar ist. Nach dem Vortrag haben wir gemeinsam Gottesdienst gefeiert und danach gab es nochmals die Möglichkeit, bei Kaffee und Tee ins Gespräch zu kommen. Es war eine Freude, jemanden vor sich zu haben, der sein ganzes Leben für Gemeinde und Bildung in Istanbul eingesetzt hat.
Am Nachmittag hatten wir ein Gespräch mit einem jungen Dominikaner, der erst seit einigen Jahren in Istanbul lebt und sich da ganz dem muslimisch-christlichen Dialog stellt. Pater Alberto Ambrosio erklärte uns die verschiedenen Ebenen des Dialogs, jene des täglichen Lebens und jene des offiziellen Austauschs. Er schilderte auch das grosse Interesse von Muslimen und säkularen Türken, die Position von christlichen Theologen zu verschiedenen Themen zu hören. In einem zweiten Teil legte er die Geschichte des Sufismus in der Türkei dar, wie z. B. der Mevlanaorden der tanzenden Derwische ganz anders von der Politik Atatürks getroffen wurde als der Naqschbandiorden. Der Einfluss des Letzteren in der heutigen Politik der Türkei ist nicht gering. Doch auch den persönlichen Fragen ist Pater Ambrosio nicht ausgewichen, wie z. B. der Dialog der letzten 15 Jahre seinen eigenen Glauben geprägt habe, sondern ist dazu gestanden, dass sein Glaube nicht verwässert wurde; im Gegenteil er hat ein klareres Profil erhalten, der die Differenzen der Religionen zu würdigen weiss, ohne in einen Relativismus abzugleiten.

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6 Kommentare zu Zwei Ordensmänner, die für ihre Sache leben

  1. Elisabeth Nipper sagt:

    Lieber Christian,
    ganz kurz möchte ich dir einen lieben Gruß schicken. Gerade bin ich zufällig über deine/eure Blockeinträge „gestolpert“, obwohl ich schon lange weiß, dass du diesmal zu Fuß auf dem Weg nach Jerusalem bist.
    Mit viel Anerkennung wünsche ich dir und deinen Mitstreitern weiterhin alles Gute.
    Elisabeth Nipper

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Elisabeth
      Danke für die Zeilen. Ja, wir sind gut unterwegs und hoffen auch, dass die zweite Hälfte des Pilgerwegs ohne grössere Schwierigkeiten zu bewältigen ist.
      Mit liebem Gruss
      Christian

  2. Ute sagt:

    Lieber Christian!
    Danke für Deine aufschlussreichen und kompetenten Kommentare, die mir doch sehr erleichtern, mich im Dschungel der Historie und Gegenwart etwas besser zurechtzufinden.
    Bin gespannt auf die nächsten Tage.
    Viele Grüsse
    Ute

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Ute
      Ja, ich lerne hier auch täglich dazu. dies macht Freude.
      Mit liebem Gruss
      Christian

  3. ursula kl.sr. sagt:

    lb Christian,hat mich sehr „agheimelet“als ich gestern deine vertraute stimme bei drs hörte.segen liegt im kleinen sagtest du unter anderem.
    obenstehender titel wäre für mich eher abzuändern: die beiden ordensmänner leben, dienen einer person:Jesus Christus und nicht einer sache.
    ich bibbere etwas für euch alle für das weitere. das unsichere in so vieler hinsicht.und bitte gott immer wieder um segen und weisheit für jede situation.
    herzlich
    ursula

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Ursula
      Die grössere Herausforderung steht tatsächlich noch vor uns. Das Vertrauen der Pilger wird gefordert sein.
      Herzlichst, Christian