Erster Fastensonntag

Die vorösterliche Zeit der Umkehr hat begonnen, Asche ist auf den Kopf gestreut. Am Ende dieser geprägten liturgischen Zeit wird sich Ostern neigen, die Feuerzungen von Pfingsten sind auf unseren Häuptern und wir sind Tag für Tag unterwegs, vom Geist geführt. Schon liegen die Stöcke, frisch gekauft, auf meinem Wohnzimmerboden. Wenn ich sie in die Hand nehme und ihre Höhe einstelle, erscheinen sie mir wie zwei Krücken. Werden sie meinem gebrechlichen Körper eine Hilfe sein? Ich weiss nicht. Ich werde dies in den kommenden Tagen beim Gehen ausprobieren. Sind sie hinderlich, müsste ich sie verwerfen. Und mein geistlicher Leib, erhält auch er seine Stöcke? Wo kaufe ich sie ein? – Gebet und Gedicht werden sie heissen. Ich bin schon gewohnt, mit ihnen unterwegs zu sein. Pilger brauchen Gedichte, verdichtete Sprache, denn nur Sesshafte schreiben Romane. Ich übe in diesen Tagen mit dem Stundenbuch von Rilke und werde sehen, wie ich die Texte einlaufe. Auch Gebete müssen kurz sein. Angemessen wie die Stöcke ist das Herzensgebet, das sich stets bewährt. Natürlich kann es zuweilen entfaltet werden. Hoffentlich kann ich die Psalmen auswendig, wenn ich von Jerusalem zurückkehrt bin. Der Pfingstgeist wird mir gnädig sein, wenn ich nur demütig und treu mich mühe.

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4 Kommentare zu Erster Fastensonntag

  1. Schmutz Monique sagt:

    Lieber Christian
    Herzlichen Dank für Deinen Artikel vom 14. März.
    Könnten „geistliche Stöcke“ nebst Gebet und Gedicht nicht auch die „Freundschaft mit den Freunden und Freundinnen Gottes“ (Simone Weil!) sein; d.h. die feinen Fäden der Verbundenheit, die trotz der Entfernung besteht??
    Mit einem lieben Gruss
    Monique

    • Christian Rutishauser SJ sagt:

      Liebe Monique
      Gebet und Gedicht gehören zum einsamen Pilger des Absoluten wie Freund und Feind zu jedem Menschen.
      Mit liebem Gruss
      Christian

  2. Hanna Wicki sagt:

    Lieber Christian, zurück von einem eindrücklichen Taizé-Gebet mit Frère Alois in einer vollen Jesuitenkirche in Luzern fällt mir auf, dass du das Lied nicht auch als „geistlichen Stock“ erwähnst. Ich bin mir sicher, dass der reiche Schatz an Dankes-, Bitt- und Lobgesängen, die dir vertraut sind, euch auf dem Weg begleiten und sprachliche Barrieren überbrücken helfen! Liebe Grüsse, Hanna

    • Christian Rutishauser SJ sagt:

      Liebe Hanna
      Wir hatten Monika Renz mit dem Thema „Erlösung aus Prägung“ als Referentin, als Du Frère Alois gehört hast. Auch sie hat geistliche Impulse gegeben. Nahrung für Pilger im Alltag wie auch für Pilger nach Jerusalem.
      Mit liebem Gruss
      Christian