auf das Pilgern zu

fremd
der Weg
das Land
und seine Sprache

ungewiss die Umstände
das Wetter
die eigene Kraft
und Ausdauer

klar
das Ziel
die Anstrengung
und das Erleben

gross
Vorfreude
Zuversicht
und ein bereiter Segen
Hildegard Aepli

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4 Kommentare zu auf das Pilgern zu

  1. Thomas Reschke sagt:

    Liebe Hildegard, liebe Pilgerinnen und Pilger
    Ich wünsche Euch Gottes Segen für Eure Wallfahrt. Möge die Wallfahrt ermutigen, kraftvoll weiter zu gehen auch auf manchmal beschwerlichen Pfaden des Lebens, euch gemeinsam Sternstunden erleben lassen und den anderen Christen ein leuchtendes Zeichen sein.
    Mit Bewunderung und Ehrfurcht betrachte ich Euer Projekt.
    Spontan einige häretische Gedanken: Warum wallfahren? „Qui multum peregrinantur, raro sanctificantur.“ „Jene, die viel auf Wallfahrten sind, werden selten heilig.“ Dieser Satz stammt von Thomas von Kempen. Zum Trost sei gesagt, dass er selber nie selig- oder heiliggesprochen worden ist. Dahinter steht die Erfahrung: Den Wallfahrern traute man offenbar alles Mögliche zu. Alles, was man ehrbarerweise zuhause nicht machen kann, kann man unerkannterweise in der Fremde tun, wo nienmand einen kennt. Damit wird die Ambivalenz des Phänomens der Wallfahrt deutlich.
    Es gab viele Wallfahrtskritiker. Wilhelm Busch beschreibt in der „Frommen Helene”, wie eine betrunkene Pilgerschar einen armen rechtschaffenen Bürger verprügelt und vor Gericht verurteilt wird.
    Am bekanntesten ist das Spottlied von 1844:
    „Freifrau von Droste-Vischering, vi va Vischering,
    zum Heilgen Rock nach Trier ging,
    tri traTrier ging
    Sie kroch auf allen Vieren,
    Sie tat sich sehr genieren
    Sie wollt gern ohne Krücken
    Durch dieses Leben rücken

    Sie schrie, als sie zum Rocke kam, ri ra Rocke kam.
    Ich bin an Händ’ und Füssen lahm, fi fa Füssen lahm,
    Du Rock bist ganz unnähtig.
    Drum bist du auch so gnädig;
    Hilf mir mit deinem Lichte,
    Ich bin des Bischofs Nichte.

    Drauf gab der Rock in seinem Schrein, si sa seinem Schrein,
    Auf einmal einen hellen Schein, hi ha hellen Schein,
    Gleich fährt’s ihr in die Glieder,
    Sie kriegt das Laufen wieder;
    Getrost zog sie von hinnen,
    Die Krücken liess sie drinnen

    Freifrau von Droste-Vischering, vi va Vischering
    Noch selb’gen Tags zum Tanze ging, ti ta Tanze ging.
    Dies Wunder göttlich grausend,
    Geschah im Jahre Tausend
    Achthundertvierundvierzig
    Und wer’s nicht glaubt, der irrt sich.
    Das Lied machte ein Heilungswunder an der Nichte des damaligen Kölner Erzbischofs lächerlich. Erstaunlicherweise wurde 150 Jahre später beim zeigen des Hl. Rocks kaum Kritik laut.
    Die Erfolglosigkeit aller Wallfahrtskritik hängt damit zusammen, dass die Wallfahrt eine anthropologische Konstante in den Religionen darstellt.
    In allen Religionen spielt die Wallfahrt als heilige Lebensreise eine grosse Rolle.
    In allen Religionen heisst es aber auch, es käme darauf an, wie man eine Wallfahrt unternimmt.
    Entscheidend ist nicht, an einem heiligen Ort gewesen zu sein, sondern in welcher Haltung, in welcher Gesinnung diese Wallfahrt geschehen ist.
    Diese gute Haltung wünsche ich Euch von Herzen.
    Thomas

    • esther rüthemann sagt:

      „Jene, die viel auf Wallfahrten sind, werden selten heilig.“ Gott sei Dank gehe ich das erste Mal so richtig Pilgern 😉 da besteht ja Hoffnung…
      in grosser Vorfreude Esther

  2. Oh, Thomas, schönes Lied. Schade, dass wir es beim Eröffnungswochenende noch nicht hatte. Das hätte einen netten Exkurs gegeben und eine schöne Differenzierung des Pilgeridealismus. Hoffe Du regst eine interessante Diskussion an. Bin gespannt auf weitere Kommentare zum Kommentar.
    Es grüsst die Kommunikationsfrau aus Schönbrunn

  3. Thomas Reschke sagt:

    Liebe Andrea,
    Gesanglich könnte man auch bei Columban und Gallus anknüpfen, die haben auf dem Rhein den Naturgewalten getrotzt und gesungen:
    „Seht den Stamm, im Walde gefällt, als Kiel in den Fluten zieht er im Strome dahin des Rheins, des doppelt gehörnten!
    Heia Männer!
    Erweckt ein Echo mit unserem Heia!
    Hohe Wogen erregt der Sturm, bringt rauschenden Regen, doch die Männer rudern mit Kraft und trotzen dem Wetter.
    Heia Männer!
    Erweckt ein Echo mit unserem Heia!
    Unentwegt, sie zwingen den Sturm, sie zwingen den Regen, alles besiegt der Wille, die unverdrossene Mühe.
    Heia Männer!
    Lenkt auf Christus den Sinn, ihr Männer und singet ihm Heia!
    Seid nur standhaft im Geist, verachtet die Listen des Feindes; mit der Tugenden Wehr besteht den Kampf ihr als Sieger.“
    Naja, das Lied klingt in unseren Ohren schon ein wenig schräg… „Heia, Männer“
    „Pilgeridealismus“ ist auch ein gutes Stichwort: Schon Hieronymus und Gregor von Nyssa soll das „neumodische“ Pilgerwesen nicht ganz geheuer gewesen sein. Ihre Hauptanfrage war whl: Darf es für den christlichen Glauben spezielle Orte geben? Ist nicht jeder Ort heilig, an dem Gott verkündet, an dem gebetet und Heilung erfahren wird?
    Immerhin bietet eine Pilgerreise die Chance, besonders darüber nachdenken zu können. Und immerhin war Jesus selber ein obdachloser Wanderprediger, der – obwohl Zimmermann – nie lange ein Dach über dem Kopf haben wollte, da es ihm allein um Gottes Reich ging.
    Justin (+165) war es dann, der das Grundempfinden der frühen Christen in die Fassung brachte: „…der Gott der Christen ist nicht auf einen bestimmten Ort eingeschränkt. Unsichtbar ist er und erfüllt Erde und Himmel. Darum kann er von seinen Getreuen überall angebetet und verherrlicht werden.“
    By the way: Es war Kaiser Konstantin der damals die Wallfahrt zu den Stätten der Heilsgeschichte gefördert hat. Seine Aktivitäten – er baute 200 Kirchen, dort wo Jesusgeschichten stattgefunden haben sollen – haben aber auch (ob gewollt oder nicht) zu einem veränderten Christusbild beigetragen. Plötzlich wurde Christus weniger gesehen als der persönliche Erlöser, der Freund der Armen und Entrechteten, der Verfolgten, der Traurigen, sondern man sah in ihm den kosmischen Fürsten, den Allbeherrscher. Auch darüber könnte man auf dem Pilgerweg nachdenken. Mit welchem Gottesbild lebe ich?
    Mit frohen Grüssen auch an die Neopilgerin Esther,
    Thomas