Als Pilger in Yad vaSchem

Heute haben wir Pilger Yad vaSchem, die Shoagedenkstätte, besucht. Tamar hat uns mit ihrer sensibeln und ruhigen Stimme durch das Museum des Schreckens geführt. Wohltuend in dieser Beklemmung und Ohnmacht, die der Blick auf die industrielle Vernichtung der Juden Europas durch die Nazis bei mir immer noch auslöst.
Es war mir wichtig, als Pilger in Jerusalem nicht nur Stätten der christlichen Heilsgeschichte, sondern der Unheilsgeschichte der Menschen zu besuchen. Pilgerweg und Besuch der Stätte sind für mich ein ritueller Akt der Anerkennung der Schuld, die Europa gegenüber den Juden auf sich geladen hat. Im Tal der Gemeinden haben wir jener jüdischen Gemeinden gedacht, die einst in Kroatien und Serbien auf unserem Pilgerweg gelegen haben. Wir konnten hier keine Begegnungen mit Juden mehr erleben, da durch die Nazis alles zerstört wurde. Doch wir konnten heute uns dieser Gemeinden erinnern. Auch in der Gedenkhalle, wo das ewige Feuer brennt, war ein Augenblick des Gedenkens und des Stehens vor dem unbegreiflich-Bösen.
Mit dem Blick auf die grünen und bewohnten Hügel des Jerusalemer Berglandes nach dem Museum war ich dann dankbar für das neue jüdische Leben in Israel. Ich stehe zu diesem Staat, auch wenn seine Politiker heute neues Unrecht begehen, das nicht gutgeheissen werden kann. Vor allem aber weiss ich, dass die Frage nach dem Judentum mit den Errungenschaften des politischen Zionismus allein noch nicht gelöst ist. Das Volk kommt auch im verheissenen Land nicht zur Ruhe, wie es in Europa keinen Ort gefunden hat. Auf unserem Weg seit der Türkei über Syrien bis Jordanien und Palästina habe ich nur negative bis offen antisemitische Aussagen über Israel und die Juden gehört. So hat sich trotz aller Errungenschaft ein europäisches Problem nur geographisch verlagert, ist zu einem globalen Problem geworden. An diesen Ort musste mein Pilgerherz gehen, nicht mehr und nicht weniger. Ich weiss mich der Geschichte und dem Verhältnis von Juden und Christen verpflichtet, die schon längste global geworden sind.

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8 Kommentare zu Als Pilger in Yad vaSchem

  1. Pia sagt:

    Lieber Christian,
    aus ganzem Herzen wünsche ich Dir und allen Mitpilgernden, dass die Friedenskonferenz gelingt, dass ihr nicht nur Zeugen eines weltweiten
    Konflikts im Kleinen werdet, sondern auch aus dem Pilgerweg Gedanken-
    und Seelenimpulse für die anderen Teilnehmenden schöpfen könnt.
    Das Leiden der anderen und der eigenen Seele wird auszuhalten sein, aber
    Ihr könnt auch von der Auferstehungshoffnung authentisch Zeugnis geben.
    Und die Klugheit eines halben Jahres intensiver interreligiöser Lebenserfahrung einbringen. Gottes Segen, Frieden – Shalom – Salaam!!!
    Betend verbunden
    Pia

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Pia
      wir haben einen wunderbaren ersten Konferenztag hinter uns. Es ist eine Atmosphäre, die geprägt ist von Menschen, die aus der geistlichen Quelle schöpfen.
      Dank und Gruss
      Christian

  2. Gabrielle sagt:

    Lieber Christian !

    Kennst du die Italienische Sinfonie von Mendelssohn ? Das „andante con moto“, oder „Saltarello presto“ ? Trotz diesen Höllen,die in diesen Gedenkstätten immer lebendig bleiben,lächeln uns zuweilen in grossartigen musikalischen Werken seltsame Wesen zu, ich weiss nicht ob es Engel sind, die uns erzählen und trösten…..

    Ich wünsche dir und deinen Freunden ein gutes Heimkommen…. und mögen unendliche Saltarellos in unseren Herzen tanzen…

    Gabrielle

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Gabrielle
      Ich kenne diese Sinfonie nicht. Wenn Du sie mir empfiehlst werde ich gerne nach meiner Rückkehr hineinhören.
      Mit einem lieben Gruss und gutes 2012
      Christian

  3. Monique sagt:

    Lieber Christian, Hildegard, Franz und Esther
    Erinnerung des Horrors,
    Zu was ist der Mensch fähig?
    Immer ist die Frage präsent:
    Wie ist dies möglich?
    Hass, Macht, Vernichtung.
    Erinnerung daran
    in der Nähe der Stadt des Friedens.
    „Stadt des Friedens“??
    Immer noch Hass, Macht der Venichtung
    Doch auch Menschen des Friedens, wie Ihr
    und so vielen
    Und
    Die Botschaft des Friedens
    Durch ein KIND
    der selber „FRIEDE“ ist.
    Herzliches SHALOM!
    Monique

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Monique
      Die Shoa war in Europa und ihrer wird hier in Jerusalem gedacht. Die Stadt des Friedens macht ihre Friedensarbeit auf diese Weise für uns.
      Mit einem herzlichen Gruss
      Christian

  4. cilli aepli sagt:

    Lieber Christian, vor vielen Jahren durften wir mit der Pilgergemeinde Liechtensteig aufbrechen ins helige Land.Wir besuchten das Völkermuseum , wie ihr heute in Jerusalem,verstummten und fanden keine Worteüber die unsäglichen Verbrechen, die an diesem Volk verübt wurden.Ergriffen gingen wir vonGedenktafeln zu Gedenktafeln, unseren Kindern werden wir davon erzählen ,solange wireine Stimme haben.Ihr Völker alle vergesst nicht C.A.

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Cili
      Ja, es ist unsere Aufgabe, nicht zu vergessen, um auch die nachfolgenden Generationen zu sensibilisieren.
      Mit einem herzlichen Gruss und gutes neues Jahr
      Christian