Die letzte Unterkunft am Stadtrand vor Amman war von der Art, dass einen das Gruseln befallen könnte: Toilette mit etlichen Spuren der Vorgäste, ungeputzt insgesamt, keine Handtücher, kein WC-Papier, keine Heizung, kein Trinkwasser, Bett nicht frisch bezogen, nur eine dünne Wolldecke, kaputte Glühbirnen… Da schleichen schon einige Gedanken herum, wie es sein würde, die 3-wöchige Pilgerpause in Amman, in so einer „Knelle“ verbringen zu müssen.
Es kommt anders. Die Jesuiten haben uns das Hotel in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft empfohlen. Wir betreten es mit bescheidensten Ansprüchen und staunen schon an der Rezeption, wo gut Englisch gesprochen wird, wir bald mit einem Fruchtsaft begrüsst werden. Die Zimmer, die uns gezeigt werden, sind so unglaublich in Ordnung, dass wir fast Luftsprünge machen. Und, welch absolute Rarität – im Badzimmer steht eine Badewanne. Die Schreibende beschliesst, diese zu besteigen. Tut es in ihrem noch leeren Zustand und beginnt die adventliche Erwartung auch damit, auf das ganz ganz langsame Auffüllen mit Wasser zu warten. Der Strahl ist dünn. Das Wasser aber schön warm. Mit jedem Zentimeter Wasseranstieg blättern gleichzeitig Farbpartikel vom Wannenrand ab. Statt Schaum schwimmen Badewannenrandteilchen herum. Weiss und klebrig. Ist völlig egal. Ein warmes Bad, der Genuss wohlig im Wasser zu dösen, ist so unglaublich schön. Und das in einer Stadt, die in der Wüste aus dem Boden gestampft worden ist. Welcher Luxus! Ich gönnte ihn mir. Wartend.
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Meta
Liebe Hildegard,
Es freut mich sehr, dass Ihr doch noch eine gute Unterkunft gefunden habt! Ich wünsche Dir und Deinen MitpilgerInnen noch viele herrliche Wohltaten! Gibts da keine orientalischen Bäder mit Massagen, Thermalquellen oder ähnliches, möglichst in einem geniessbaren Zustand? Die Hotelmitarbeiter oder anderere ortskundige Leute können Dir/Euch da sicher weiterhelfen.
Mit den besten Wünschen und adventlichen Grüssen grüsst Dich und Deine MitpilgerInnen herzlichst,
Marie-Therese
Es ist unglaublich. Da steht seit Jahren eine Badewanne, die wöchtenlich entstaubt wird, absolut funktionstüchtig ist, einen Zulauf mit warmem und kaltem Wasser hat, einen Ablauf chromstahlglänzend. Sie steht in einem geheizten Raum, würde durchaus einladen, wann immer man wollte. Vielleicht jährlich einmal steigt da jemand hinein. Welchen Luxus leisten wir uns? Was müsste uns widerfahren um generell den Luxus, in welchem wir leben, richtig zu schätzen? Immer wieder mal habt ihr, liebe Pilger, uns die Augen geöffnet, aufgezeigt, dass nicht alles selbstverständlich ist. Dies um nur ein kleines Beispiel zu erwähnen. – Im übrigen: wartend sind wir auch, erwartend. Freudig.
Lieber Franz, liebe Pilger,
Erleichtert und gerührt dass Ihr wohlbehalten wieder im Blog erscheint. Euere Erleichterung und Freude, die alltäglichen Annehmlichkeiten wieder zu finden, Schoggi und Suppe und Badewanne und nicht zu vergessen freundliche Sicherheit ist wunderbar erfrischend, löst bei mir die ängstliche Frage nach meiner Fähigkeit aus, damit umzugehen:Wie kämen wir „Säkulare“ mit schwierigen und unsicheren Umständen zurecht?
Seid herzlich gegrüsst und „Gott mit Euch“.
Christina aus der bequemen Studierstube in Bern
Liebe Christina,
danke für deine aufmerksam mitdenkenden und mitfühlenden Zeilen! Syrien war eine Herausforderung, das Warten jetzt – mit den Annehmlichkeiten – ist eine zwar andere, aber auch eine.
Herzlichen Gruss nach Bern an alle Bekannten
Franz