In christlichen Dörfern

Ein erster wirklich kalter, windiger und bedeckter Tag auf dem Pilgerweg. Nun ist auch für uns die Zeit des Winters angebrochen. Auf unserem Weg südlich von Masyaf gelangen wir gleich in ein christliches Dorf, das bedeutend sauberer und stattlicher ist, als die Dörfer, die wir bis jetzt in der Orontesebene gesehen haben. Unterschiedlicher Einfluss der Religion auf die Ordnung im Dorf ist festzustellen, wie ich dies auch bereits in Jordanien, Palästina oder Ägypten gesehen habe. Da heute Sonntag ist, waren die Läden geschlossen und das Leben ruhte. In Ayn Halakim kamen die Menschen gerade vom Sonntagsgottesdienst, als wir durchmarschierten. In Syrien ist in den christlichen Ortschaften Samstag und Sonntag arbeitsfrei, während in den muslimischen und alewitischen Orten Freitag und Samstag die beiden Tage der Woche sind, wo Schule und öffentliche Ämter ruhen. Auf unserem Weg heute, wo muslimische und christliche Dörfer abwechselten, war dies deutlich zu erleben. Ein Lehrer aus dem christlichen Ayn Halakim, mit dem Franz und ich heute länger sprachen, kam gerade von der Schule im muslimischen Nachbardorf, wo er arbeitet. Als wir am Ende unserer Tagestour in Bar Shin ankamen, trafen wir im Restaurant am Chemineefeuer zwei Christen aus Homs beim Essen. Sie erklärten, dass sie die Stadt wegen der Unruhen mit ihren Familien verlassen hätten und nun hier lebten, bis sich die Lage beruhige. Der eine junge Familienvater beteuerte, wie er seine Heimatstadt liebe, doch nun da täglich dutzende Menschen getötet würden. Alle Parteien in der Stadt würden letztlich Verlierer sein, die Aufständischen, die Neutralen wie auch die Armee. Seine offene und differenzierte Sicht der Revolution hat mich beeindruckt. Sie steht ganz im Gegensatz zur Äusserung eines andern Mannes, der uns heute unterwegs einschärfte, wir sollten zu Hause davon sprechen, dass in Syrien alles in Ordung sei und die Medien nur gegen Assad mit Lügen hetzten.

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