Paradiesisch

Jemand hat in einem Kommentar geschrieben, Anatolien sei ein Garten Eden. An unserem 4. Wandertag seit Istanbul sind wir voll und ganz in diese Wirklichkeit eingetaucht. Das gebirgige und hügelige Land ist fruchtbar. Die Menschen in den kleinen Dörfern sind Bauern und Selbstversorger. Gerade durchwandern wir ein Gebiet, in welchem Kirschen angebaut werden.
Uns stellt sich in all der Schönheit die Frage, ob wir in den Dörfern einen Laden finden. Beim Laufen tauchen Wünsche auf nach einem Bier, einem sauren Most, frischem Wasser. So auch gestern, eine Stunde vor unserem Ziel. Wir erreichen das Dorf Denizler und vermuten, dass in der Nähe der Moschee auch das Zentrum sein könnte.
Wir treffen auf eine Gruppe Frauen, die draussen in einem grossen Topf Tomaten zu Sauce oder Suppe einkocht. Esther ist im Nu in ein Gesten- Augen- Staunen-Gespräch verwickelt und schon hält sie ein riesiges Einmachglas voll Tomatensuppe in Händen. Ein Nachbar kommt und nach einem uns verborgenen Dialog mit den Frauen öffnet er die Tür zum Vorhof der Moschee. Er stellt Stühle für uns auf. Wir sollen uns setzen. Die Frauen bringen der Reihe nach einen Laib selber gebackenes Brot, frische Butter, Oliven und aufgeschnittene Tomaten, Salz. Auf dem Mofa fahren Ahmet und Yeldiz heran. Sie setzen sich zu uns, denn das dürfen die Frauen nicht. Wir fühlen uns wie Fürsten ob all der hausgemachten Köstlichkeiten. Kein Bier, kein Most, aber frisches Wasser und wunderbare Wegzehrung aus Anatoliens Paradies.

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4 Kommentare zu Paradiesisch

  1. Barbara Jäger sagt:

    Immer wieder kommt mir entgegen: es wird gut, es wird für euch/für uns gesorgt. Ist es das, was ich/wir lernen müssen/dürfen? Ganz aus dem Vertrauen heraus leben, dass da einer ist, der für uns sorgt?! Neben meinem Bett hängt eine „Maiolika“ ein Bild aus Ton. Die Szene darauf: Jesus, der vom Kreuz genommen wird. Und dieses Bild sagt mir genau das gleiche, es wird für uns gesorgt, in den Worten des Bildes: bis in und über unseren Tod hinaus. Das ist Zukunft. Im Hier und Jetzt, im alltäglichen Leben schon darauf zu vertrauen und aus dieser Kraft zu leben ist eure und meine Aufgabe, Herausforderung. Stellen wir uns dieser Herausforderung, ob wir auf Pilger- oder auf Alltagswegen sind. Schlussendlich ist es dasselbe.
    Seid behütet und umarmt.
    Barbara

    • Hildegard Aepli sagt:

      Ja, liebe barbara, ich denke wie du, dass vertrauen üben die grösste herausforderung menschlicher pilgerschaft, unabhängig von ihren jeweiligen umständen ist. Im moment übe ich auch mit der linken achillessehne, die trotz pause in istanbul wieder schmerzt. Wird sie mich den ganzen weg laufen lassen? Gestern und heute ging es gut, beinahe schmerzfrei. Herzlicher gruss hildi

  2. Ute sagt:

    Liebe Hildegard!
    Mir scheinen Euere Bericht ein ganz gutes Vorzeichen für den 2. Teil der Reise zu sein. Hoffen wir, dass sich Deine Achillessehne diesem Vorzeichen anschliesst. Ich bin ganz zuversichtlich.
    Herzlichst Ute

    • Hildegard Aepli sagt:

      Liebe Ute, danke, ich bin zuversichtlich. Salbe. Dehne. Mache eutonie abends und rede der sehne gut zu.