109. Tag: Elfter Tag in Istanbul

Heute gibt es keine Strecke.

Wir waren den ganzen Tag in der Stadt unterwegs. Am Abend haben wir eine Vorstellung von Mitgliedern des Mevlana-Ordens besucht, die in einem Theater ihre Zeremonie der tanzenden Derwische, Sema genannt, vollzogen haben. Diese muslimische Vereinigung zählt zu den sufischen Gemeinschaften im Islam, die die Mystik pflegen und fördern. Ihr Begründer Dschalal ad-Din Rumi, auf Türkisch „Mevlana“ genannt, stammt aus dem Gebiet des heutigen Afghanistan und verbrachte einen Gutteil seines Lebens in der heutigen Türkei, wo er 1273 starb und in Konya bestattet wurde. Von ihm gibt es wunderschöne mystische Texte.

Die Zeremonie wird von Musik und einem Sänger begleitet. Die Derwische tragen zunächst einen schwarzen Umhang, den sie bald ablegen. Darunter kommt das lange weisse Kleid zum Vorschein, das das Leinentuch für einen Leichnam symbolisieren soll.

Es gibt einen streng kodierten Ablauf der Zeremonie, der die Einweihung bzw. das Sterben und Auferstehen des Menschen symbolisiert. Die Prozession soll dazu helfen, sich in die Meditation der Namen Allahs zu vertiefen, sie zu wiederholen und durch den Tanz in Ekstase zu geraten, um darin zu einer mystischen Vereinigung mit Gott zu gelangen.

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2 Kommentare zu 109. Tag: Elfter Tag in Istanbul

  1. Monique sagt:

    Lieber Franz, Christian, Esther und Hildegard
    Danke für Deinen Artikel über die Derwische, die wir vor einigen Jahren bei unserer Reise nach Istanbul auch besucht hatten. Mystik und Tanz: dies hat damals auch schon der Hl. Augustinus erfahren, als er das Gedicht „Lob des Tanzes“ schrieb:
    „Ich lobe den Tanz
    denn er befreit den Menschen von der Schwere der Dinge
    bindet den Vereinzelten an die Gemeinschaft.
    Ich lobe den Tanz
    der alles fordert und fördert
    Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.
    Tanz ist Verwandlung
    des Raumes, der Zeit, des Menschen
    der dauernd in Gefahr ist
    zu zerfallen ganz Hirn, Wille oder Gefühl zu werden.
    Der Tanz dagegen fordert den ganzen Menschen
    der in seiner Mitte verankert ist
    der nicht besessen ist von der Begehrlichkeit
    nach Menschen und Dingen
    und von der Dämonie
    der Verlassenheit im eigenen Ich.
    Der Tanz fordert den befreiten, den schwingenden Menschen
    im Gleichgewicht aller Kräfte.
    Ich lobe den Tanz
    O Mensch lerne tanzen
    sonst wissen die Engel im Himmel mit dir nichts anzufangen!
    Augustinus
    Ich finde es ist ein sehr aktueller Text!
    Herzliche Grüsse
    Monique