Megametropole Istanbul

Istanbul ist mit seinen 13 Milionen Einwohnern nach Mexiko-City, Peking und Shanghai die viert grösste Stadt der Welt. Die Schweiz könnte man einwohnermässig gerade zwei Mal in sie verpacken. Als Pilger zu Fuss haben wir heute diese Megametropole von der schrecklichen und mühsamsten Seite erlebt. Zu Fuss gehörten wir eindeutig zu den Schwächsten, die sich im Grossstadtgetümmel fortbewegen. Wir sind den ganzen Tag durch Vororte gegangen, durch Industrieareale und monotone Wohnsiedlungen, eingequetscht in einen Strassenverkehr auf 12 Spuren, haben über enorme Strassenverzweigungssysteme gefunden, die keine Fussgänger vorsehen, auf Brücken und unter Brücken sind wir gegangen und zwischendurch durch Gassen und auch mal durch eine Fussgängerzone. Leitplanken überstiegen wie heute, habe ich auch noch nie. Autoabgas, stickige Hitze, Dreck und viel Lärm, sowie über uns die Flugzeuge, die wie aus den Häusern heraus in den Himmel steigen, prägten zudem die letzten Stunden des Gehens, so dass eine Konversation zwischen uns kaum möglich war. Und dabei ist zu sagen, dass ich die Türken bewundere, wie sie das explosionsartige Wachstum der Stadt doch relativ gut gestalten, vor allem wenn ich andere Städte im Blick habe, die weit mehr Slums und Chaos haben. Die sozialen Probleme dieser Vorstädte sind dennoch gut zu erahnen. Dass wir uns am 19. September mit Ohan Esen einen ganzen Tag der Migration in und um Istanbul widmen und so einen vertieften Einblick in die Stadt bekommen, freut mich nach der Erfahrung des heutigen Tages noch mehr.
Schliesslich haben wir am frühen Nachmittag in der Nähe des Atatürk-Flughafens ein Hotel gefunden, natürlich zu Grossstadtpreisen. Morgen werden wir weitere 16 km bis ins Stadtzentrum gehen. Während des Gehens heute musste ich an den Propheten Jona denken, der in die Stadt Ninive geschickt wurde, für deren Durchquerung es auch drei Tage brauchte. Er sollte ihr das Gericht Gottes ankündigen und in der Stadt Umkehr predigen. Dazu sehe ich mich in Istanbul nicht im stande und bin daher froh, das ich von Gott dazu keinen Auftrag erhalten habe! Was zu tun ist, wird sich erst noch zeigen.

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4 Kommentare zu Megametropole Istanbul

  1. Anja Hirt sagt:

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !!!! mit einem Ausru(h)fezeichen für jede und jeden von Euch:D . Ich wünsche Euch ein gutes Ankommen, und (neben allen Vorbereitungen für die Begegnungswoche) auch Zeit für Ruhe, Eindrücke und persönliche Begegnungen! Wie weit man doch in einem Vierteljahr kommen und wie voll und reich diese Zeit sein kann …
    Lieber Christian, ist nach Jerusalem zu gehen nicht Auftrag genug?
    Herzlich, Anja

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Anja, Danke für die Gratulation. Es waren viele gute Begegnungen, die uns hierher begleitet und getragen haben.
      Christian

  2. Susanne Hirsch sagt:

    Liebe Pilger
    Früher hatten Pilger mit Wegelagerern, Räubern oder wilden Tieren zu tun. Ihr plagt Euch immer wieder mit Schnellstrassen, Lärm, Autos, dem Dreck. Vielleicht braucht es das Pilgern, um diese Schattenseiten unserer modernen Gesellschaft und ihrer Mobilität zu erfahren. Und vielleicht sind es diese mühsamen Tage auf den Schnellstrassen und in den Industrievierteln, die Eure Pilgerreise von einem Wellnesstrip unterscheiden. Wenn wir uns auch keine Erbsen mehr in die Schuhe tun oder auf Knien einherrutschen – irgendwie sind das moderne Bussübungen, die Ihr da auf Euch nehmt.
    Für jetzt wünsche ich Euch Tage der Erholung in Istanbul und dass sich solche Kreuzwege mit einfachen Wandertagen ausgleichen.
    Mit einem herzlichen Gruss, Susanne Hirsch

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Susanne
      danke für Deine Gedanken. Ich gehe als Pilger auch in der Haltung, dass ich die mühsamen und die herrlichen Tage und Wegstrecken je als Einladung annehme, als Pilger innerlich zu wachsen und für andere da zu sein. Eigentlich geht dies sehr gut.
      Mit einem herzlichen Gruss
      Christian Rutishauser