Auf Türkisch waschen

Alle 10 Tage gönnen wir uns den Luxus, unsere verschwitzte Wäsche nicht von Hand, sondern wieder einmal kräftig mit einer Waschmaschine zu waschen. Im Hotel von Edirne gibt es sie nicht. Aber auf einen Zettel schreibt mir der Rezeptionist, wie der Laden heisst, wohin ich die Wäsche bringen kann. Ich will von ihm in Erfahrung bringen, was es denn kosten würde. Er weiss es nicht. Vielleicht 5 Lira das Wäschestück, meint er. Kann nicht sein, denke ich, das wäre pro Socke und Unterhose etc. fast 2.50 Fr. Also gehe ich mit drei Plastiksäcken voll Stinkware über den Platz und zeige meinen Zettel drei Leuten und schon bin ich in der Waschküche, wo für Grossbetriebe wie z. B. Hotels Bettanzüge, Morgenröcke, Frottéewäsche gewaschen und gebügelt werden. Mit meinem Händytranslator bin ich ein wenig vorbereitet, weil ich neben dem Preis auch mitteilen will, dass alle Wäsche zusammen nur 40 Grad gewaschen und ja nicht gebügelt werden soll. Der erste Mitarbeiter kann kein Englisch. Ich halte ihm die Säcke hin und frage: kac para? Was kostet das? Er nimmt die Säcke und stellt sie auf eine Waage. Es sind 3,8 kg. Dann zeigt er auf eine Liste. Da steht: pro Kilo 7 Lira (ca. 3.50 Fr.). Ich versuche mit Gesten und meinen mageren Türkischkenntnissen zu erklären, dass die Wäsche nicht gebügelt, ja falls möglich nicht einmal getrocknet werden soll. Er nix versteht. Da kommt der Chef. Mit little english. Yes, yes, good price. I expert here! Ich schreibe auf einen Zettel: 40 Grad. Er sagt. No, not 40 Lira, only 28 Lira. Ich sage: this temperature und zeige nochmals auf den Zettel. Aha. Dann gehe ich zum Bügeleisen und sage: Hayir, nein bügeln. Er rümpft die Nase. I expert here. Evet, evet. Ja, ja, sage ich, aber bitte nicht bügeln, lütfen, bitte. Until when? Bis wann? Tomorrow at 4. Früher nicht. Viel Arbeit. Ok. Weiter komme ich nicht. Ich vertraue mehr als die Hälfte unseres Hab und Gutes an. Von Franz sind alle drei Hemden dabei. Er läuft, bis die Wäsche geholt werden kann in einer Damenbluse, also meiner herum. Wir sind gespannt auf den Ausgang unserer Wäschegeschichte.

Und hier ist er: unsere Wäsche ist tip top frisch, ungebügelt, trocken in einem Sack verpackt bereit und wird vor meinen Augen mit einem Feinduftprodukt besprüht. Alle strahlen. Selam. Güle güle. Heisst es zum Abschied.

Dieser Beitrag wurde unter unterwegs veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Kommentare zu Auf Türkisch waschen

  1. Ute sagt:

    Leibe Hildegard und Ihr lieben Mitpilger!
    Die Karte aus Sofia habe ich mit Freude erhalten!!! Bevor ich jedoch darauf antworten konnte, musste ich notfallmässig zur Augenoperation ins Spital. Leider konnte ich die Einträge seither nicht mehr verfolgen (Flach liegen und nicht lesen sind angesagt). Es freut mich, dass es Dir, Hildegard wieder gut geht und wünsche das Euch bis zum Ziel!!!! Heute nur diesen kurzen Bericht, ich werde erst langsam „nachholen“.
    Ganz viele begleitende Grüsse sendet Euch Ute

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Ute, Dir gute Besserung. Und wenn man nicht lesen darf, jemanden suchen, der vorliest. so haben zwei etwas davon. Ganz herzlich, Christian

  2. Gertrud Hüsken sagt:

    Liebe Pilgergruppe
    Die Sache mit der Wäsche beeindruckt mich sehr. Überhaupt, mit so wenig Gepäck würde ich nicht einmal ein Wochenende im Lassalle-Haus bestehen, geschweige denn mit so einem einfach bestückten Necessaire und dafür mit einer Wäscheleine!
    Die Spiritualität des Gehens bedingt wahrscheinlich die Spiritualität des (vorher) Loslassens, sonst wird der Weg eindeutig zu schwer. Ich wünsche euch viele freundliche Begegnungen.
    Mached’s guet und hebed üch Sorg.
    Gertrud

    • Hildegard Aepli sagt:

      Liebe gertrud, das loslassen besorgt auch das unterwegssein selber, wenn der rucksack drückt. Einen herzlichen gruss hildegard