An der Grenze Europas?

Die bulgarisch-türkische Grenze hatte sich schon gestern angekündigt. Drei Mal wurden unsere Papiere von der Grenzpolizei kontrolliert. Im sogenannten „Hotel Galaxy“, wo wir übernachteten, waren auch die Grenzpolizisten untergebracht. Das Aufgebot an Polizei war vielleicht auch deshalb so gross, weil in der Nähe ein Sommercamp von Linksaktivisten aufgebaut ist. Sie lehnen sich gegen die „Festung Europa“ auf und bekämpfen die Abschottung der EU gegenüber Flüchtlingen und Migranten. Wir brechen heute von der Stadt Svelingrad, über der auf dem Hügel ein weit sichtbares Kreuz steht, auf und pilgern auf die Grenze zu. Die bulgarische und die EU-Fahne flattern würdevoll im Wind neben der roten türkischen Fahne mit Halbmond und Stern. Als Fussgänger mit Stöcken auf den breiten Strassenfeldern zwischen den komplex aufgebauten Kontrollstationen sind wir Exoten. Franz braucht als Österreicher allein ein Visa, das er auch leicht erhält. Wir organisieren uns die ersten türkischen Liren und stehen nach dem Passiren der Schalter auf türkischem Boden. Vor uns als erstes eine Moschee mit grazilen Minaretten, ganz im klassisch-türkischen Stil, dann aber wie in allen säkularen und von er Wirtschaft dominierten Nationen, die Geschäfte, Hotels, Tankstellen, Parkplätze etc. Ob wir hier kulturell schon die Grenze von Europa überschritten haben? Kontinuität und Diskontinuität scheinen sich die Waage zu halten.

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3 Kommentare zu An der Grenze Europas?

  1. Lieber Christian,
    ja, ich meine auch, dass Disontinuität und Kontinuität sich die Waage halten. Vom Erleben der Westküste aus gesehen, weiter kamen wir ja nicht, würde ich meinen, die Türkei steht als gesamtes Land für die Grenze. Es leuchtet auch ein, wenn man die Säkularisierung = Europäisierung durch Atatürk bedenkt. Jedenfalls haben türkische Imame bzw. Religionslehrer während meiner Pastoralassistentinnenzeit in Graz immer wieder betont, dass sie ihre Religion hier in Österreich freier ausüben dürfen als in der Türkei.
    Wir waren kürzlich das erste Mal (während des Mittagsgebets und später einer Lesezeit im Koran) in einer richtigen Mosche, natürlich brav im „Touristenwinkel“, ich mit verhülltem Oberkörper, nichtsdestotrotz war es beeindruckend.
    Euch vieren erholsame und schöne Tage in Edirne!
    Monika

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Monika, die Türkei im Westen ist nicht die im Osten und jene der Tourismusküste nicht jene der Bauerndörfer in Anatolien. Ich frue mich, dass wir verschiedenste Seiten kennenlernen werden. so lange wie dieses Mal bin ich noch nie in der Türkei gewesen. mit einem herzlichen Gruss, Christian

      • Lieber Christian,
        ich habe wohl nicht verstanden, was du in deinem Beitrag wirklich sagen wolltest. Natürlich, weder ähnelt das Tourismusgebiet im Westen den Gebieten in Anatolien und den östlicher Richtung Kaukasus gelegenen, noch hielten wir uns so lange und intensiv in der Türkei auf, wie ihr das tun werdet… ich meinte einfach die Tatsache, dass auch geographisch die Türkei den Übergang zu Asien bezeichnet bzw. dass dieser Übergang im Land stattfindet. Geographisch, kulturell und in „unseren“ Köpfen:
        interessant fand ich, dass mir in der Schweiz gesagt wurde, das Postporto für die Türkei sei „unter übriges Europa“ zu suchen.
        Lieben Gruß, ich bin schon gespannt auf eure Berichte vom „Zuckerfest“, die ich wieder „nur“ nahclesen kann.
        Monika