Auf der Hotelwelle

In den vergangenen Tagen durch Zentralserbien haben wir stets Unterkunft in Hotels oder Motels, Pensionen oder Hostels gefunden. Die Freundlichkeit der Bedienung war dabei so verschieden wie die Qualitätsunterschiede der einzelnen Häuser. In Jagodina der sozialistische Charme eines staatlichen Hotelkomplexes aus der Zeit Yugoslaviens. Nicht nur die Infrastruktur ist überaltert, sondern auch die Bürokratie an der Reception, wo der ältere Herr uns sogar einen Hotelstempel in den Pass machen wollte. Nicht so unpersönlich und grau war es im Autobahnmotel in Markovac: Auch da ein 24-Stundenbetrieb, doch alles modern und farbig, voll von Werbung und Möglichkeiten, an Kiosk und Laden auch diejenigen Bedürfnisse zu stillen, die man nicht einmal hat. Hier ein perfektes Deutsch beim Eincheken. Ganz anders im Hostel in Niš, wo uns eine junge, trendig gekleidete Dame in englischer Sprache empfing, die Zimmer zeigte und um uns warb. Verkaufstechnisch geschulte Freundlichkeit, die zum Design der Räume passte. Im „Alten Fijaker“ stand alles mehr auf Rustikal und der Wirt gab sich patron- und kumpelhaft zugleich. Wir konnten da auch die Waschmaschine benutzen. Doch als wir – nach einem typisch fleischgehäuften serbischen Essen – zahlen wollten, war der Preis für die Zimmer viel höher als mündlich ausgemacht. Natürlich war der Patron verschwunden und der arme Kellner musste von uns einziehen, was dieser ihm noch schriftlich zurückgelassen hatte. Offizielle Rechnungen haben wir nur etwa an der Hälfte der Orte erhalten. Dass es da oft um Schwarzeinnahmen geht, nehme ich an, doch ist dies nicht mein Problem. In Aleksinac waren wir bei einem Wirt, der einst in Italien gearbeitet hatte. Als wir ein Panaché wollten, das er nicht hatte, konnten wir es im Laden über die Strasse holen und bei ihm trinken. Und als wir eine Melone vom Markt brachten, deckte er uns sofort den Tisch mit Teller, Besteck und Serviette, dies alles ohne jeden Aufpreis. Auch die Wünsche, die Hildegard bezüglich Frühstück machte, gingen in Erfüllung. Schliesslich waren wir gestern in Pirot in einem Restaurant mit Zimmern an der Autostrasse. Sauber, gepflegt und freundlich, auch professionell war die Bedienung. Seltsam war nur, dass wir die einzigen Gäste waren. Uns wurde gesagt, nur noch ein Dreibett- und ein Einzelzimmer wären frei, was wir auch genommen haben. Im Restaurant und im Haus war es trotz der Gepflegtheit fast etwas unheimelig leer. War das wirklich eine Pension oder versteckte sich hinter diesem Betrieb eine andere Machenschaft, gut getarnt? Auf alle Fälle hiess dieses Lokal an der Schnellstrasse „Stille Nacht“ und hat uns veranlasst, das „Heilige Nacht“ ironisch hinzuzufügen.

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6 Kommentare zu Auf der Hotelwelle

  1. Karsten Gerber sagt:

    Lieber Christian, liebe Pilgerinnen und Pilger,
    ganz lieben Dank für die schöne Karte aus Nis. Ich bin schon ganz gespannt, was Ihr aus Bulgarien zu berichten habt. Ihr werdet ja heute im Verlaufe des Tages die Grenze passieren. Es wird ja, seitdem Ihr die österreichisch-slowenische Grenze passiert habt, von nun an immer abenteuerlicher.

    Viele Grüße
    Karsten

    • Christian Rutishauser sagt:

      Lieber Karsten, wir sind in Bulgarien gut angekommen, wie Du im heutigen Blog lesen kannst. Mit liebem Gruß, Christian

  2. Monika Müller sagt:

    Liebe Pilger, lieber Christian
    Bis jetzt habe ich euren Blog eher passiv mitverfolgt, dieser Eintrag lädt mich jedoch zu einem Kommentar ein. Hotelstempel im Pass – sehr schön, hat für einen Lacher in der CH gesorgt! Nur noch ein kleiner Tip von mir, alles gelernt on the road in Indien und Afrika: Immer bereits die Hälfte der vereinbarten Summe im Voraus zahlen, hilft recht gut den Abzockern einen Strich durch die Rechnung zu machen!
    Also, weiterhin Alles Gute, ich schreibe in der Zwischenzeit meine psychiatrischen Gutachten und ihr euren Blog.
    Monika

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Monika, hinzufügen muss man noch, dass gewisse Hotels eher Privatzimmervermietungen gleichen oder Baustellen sind, sie wie gerade gestern. Jeder versucht, noch etwas Geld zu verdienen. Mit liebem Gruss, Christian

  3. ljudmila schmid sagt:

    Guten Abend, heute betete ich zu Hl.Edith Stein, die Euch in Bulgarien besonders segnen soll. Der jüdisch-schweizerische Autor Canetti stammt
    als „Spaniol“ aus Bulgarien und Papst Johannes XXIII hat in Sofia seine
    gesegnete verborgene Zeit der Reife erlebt. Möge Euch viel Kraft und Ausdauer
    weiterhelfen und betet das Gebet der heutigen Heiligen „Lass mich ein kleiner Stein in Deinem grossaartigen Mosaik sein“. Mit gutem Segen Ljudmila

    • Christian Rutishauser sagt:

      Liebe Ljudmila
      Sowohl Johannes XXIII. wie auch Canetti haben mich mit ihrem Denken in der Ausbildung geprägt, so unterschiedliche Persönlichkeiten sie sind. Danke, dass Du sie uns hier in Erinnerung rufst. Mit liebem Gruss
      Christian